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NAD+ Infusionen: Alles über das Anti-Aging-Wunder der Stars

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Stars und Sternchen wie die Kardashians, Hailey Bieber oder Cindy Crawford schwören darauf: NAD+ Infusionen. Was hinter dem Trend steckt und was wir über den Wirkstoff wissen sollten, erzählt Prof. Dr. Sedej von der MedUni Graz im Interview.

Infusionen und Nahrungsergänzungsmittel mit NAD+ sind derzeit in aller Munde und erobern nach Hollywood nun auch Europa. Der Wirkstoff wird als Anti-Aging-Wundermittel und Energie-Booster gehandelt, doch was macht ihn so einzigartig und warum schwören Prominente wie Hailey Bieber, Kendall Jenner und Cindy Crawford darauf?

gesund&fit hat den Experten Assoz. Prof. Dr. Simon Sedej zum Interview gebeten. Er gibt Aufschluss über die Wirkung, Chancen, Risiken und Anwendung von NAD+.

NAD+ Infusionen: Alles über das Anti-Aging-Wunder der Stars
© Getty Images
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Was ist NAD+ eigentlich und was bewirkt es in unserem Körper?
Prof. Dr. Sedej:
Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid (NAD+) ist ein körpereigenes, lebenswichtiges Molekül, das insbesondere in den Mitochondrien (Anm.: den „Kraftwerken“ einer Zelle) angereichert ist. Es ist dort vor allem für die Energiegewinnung in den menschlichen Zellen essenziell und spielt eine Schlüsselrolle bei der Produktion von Adenosintriphosphat (ATP). Dieser von den Mitochondrien produzierte „Treibstoff“ ist wiederum für viele biologische Prozesse lebenswichtig. Für eine mentale oder physische Leistungssteigerung, wie beispielsweise beim Denken oder Sporteln, benötigt man entsprechend mehr von diesem körpereigenen Energiebooster. Ein weiterer Aspekt, bei dem NAD+ eine tragende Rolle spielt, ist die DNA-Reparatur. NAD+ senkt den oxidativen Stress und schützt in weiterer Folge vor beschleunigten Alterungsprozessen. Nur mit ausreichend NAD+ kann die DNA-Reparatur vonstattengehen.

Was sind die Folgen einer NAD+-Reduktion?
Prof. Dr. Sedej:
Man geht davon aus, dass der ursprüngliche NAD+-Wert mit dem Alter stetig sinkt, wodurch Mitochondrien an Effizienz verlieren. Diese produzieren dann wenig oder keine Energie und so ist die betroffene Zelle mit Energie unterversorgt. Vorsichtig formuliert könnte unter einer NAD+-Reduktion auch die Aufrechterhaltung der Autophagie leiden. Bei Autophagie werden gezielt beschädigte Mitochondrien aufgefangen, verdaut und abgebaut. Die Entsorgung dieser fehlerhaften Mitochondrien ermöglicht eine Säuberung der Zelle und schützt diese demnach vor den zerstörerischen Folgen defekter Mitochondrien. Altersbedingtes Nachlassen der Autophagie könnte wiederum auch die Funktionalität unserer Mitochondrien beeinflussen, denn wenn immer mehr von ihnen erneuert werden müssen, dann nimmt die Menge der gesunden Mitochondrien ab. Außerdem steigt mit zunehmendem Alter der Bedarf nach Reparaturen – besonders in den Nervenzellen und den Herzmuskelzellen, die kaum noch neue Muskelzellen bilden können, da sie nur mehr sehr begrenzt teilungsfähig sind. Daher wäre es ein erfolgsversprechender Weg, den Abfall der Autophagie und die verringerte Aktivität der Mitochondrien anzuhalten.

Was bringt eine zusätzliche Gabe von NAD+?
Prof. Dr. Sedej:
NAD+ selbst können wir gar nicht aufnehmen, aber die NAD+-Konzentration in unseren Zellen kann durch die Aufnahme verschiedener NAD+-Vorläufer erhöht werden. Eine Studie konnte zeigen, dass gesundes Altern, Muskelleistung und Funktion der Mitochondrien in positivem Zusammenhang mit der NAD+-Konzentration in den Zellen stehen. Das deutet darauf hin, dass eine Verbindung zwischen NAD+ und dem Gesundheitsstatus des alternden Menschen bestehen könnte. ABER: Diese Erkenntnisse stammen hauptsächlich aus Tiermodellen. Bei Mäusen verlängern die NAD+-Vorläufer zum Beispiel die Gesundheitsspanne, Entzündungen lassen nach und die Funktion von etlichen Organen wie Herz, Gefäße und Muskeln verbessert sich. Die Wirkung eines hohen NAD+-Levels beim Menschen wurde aber noch nicht eindeutig nachgewiesen.

Als wie sinnvoll erachten Sie eine NAD+-Vorläufer-Zufuhr?
Prof. Dr. Sedej: 
Grundsätzlich sind eine gesunde Ernährung, genügend Schlaf und regelmäßige Bewegung die effektivsten Wege um ein ausreichendes NAD+-Level zu erhalten oder dieses sogar zu erhöhen. Wenn man solch eine Lebensweise täglich umsetzt, kann ein höheres Energieniveau und ein gesunder Stoffwechsel aufrechterhalten werden – sogar bei Sportler:innen, die einen höheren Energie- und damit NAD+-Bedarf haben. Ich empfehle, dass durch eine umfassende ärztliche Untersuchung vor einer zusätzlichen NAD+-Vorläufer-Gabe festgestellt werden sollte, ob dies überhaupt sinnvoll ist.

NAD+-Vorläufer stehen unter Verdacht, bei einer Überdosierung Insulinspitzen zu produzieren und damit Diabetes zu triggern. Stimmt das?
Prof. Dr. Sedej: 
In Langzeitstudien mit Diabetiker:innen und Patienten:innen mit erhöhtem Diabetes-Risiko, die täglich mit bis zu 2g Nicotinamid (Anm.: NAD+-Vorläufer) behandelt wurden, konnten keine solchen Nebenwirkungen nachgewiesen werden. Bei einer Überdosierung kann es allerdings zu Durchfall, Übelkeit und Erbrechen kommen und im schlimmsten Fall eine Leberschädigung entstehen. Daher sollte man NAD+ Vorläufer, wie andere Nahrungsergänzungsmittel auch, nicht in höheren Dosierungen als vorgeschrieben verzehren.

Worauf muss ich beim Kauf von NAD+-Produkten achten und wie dosiere ich diese richtig?
Prof. Dr. Sedej: 
Bei Nicotinamid hat sich eine Dosis von maximal 900 mg pro Tag (Anm.: für einen Erwachsenen, ausgenommen Schwangere und Stillende) als sicher und verträglich erwiesen. Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfehlt 12,5 mg Nicotinamid pro Kilogramm Körpergewicht. Ich empfehle aber immer die Packungsbeilage zu lesen und Rücksprache mit einem Arzt/einer Ärztin oder einem Apotheker/ einer Apothekerin zu halten.

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