Studie

Schlaf könnte beim Verarbeiten von Traumata helfen

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Ergebnisse von Schweizer Forschern widersprechen früheren Studien

Schlaf in den ersten 24 Stunden nach einem psychischen Trauma könnte helfen, belastende Erinnerungen besser einzuordnen und zu verarbeiten. Zu diesem Schluss kamen Forscher von der Universität und der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich, wie die Hochschule am Dienstag mitteilte. So ließe sich allenfalls das Risiko für Posttraumatische Belastungsstörungen senken.

Test im Schlaflabor

Die Wissenschafter zeigten 71 Teilnehmerinnen einen äußerst verstörenden Film. Ein Teil der Probandinnen schlief nach dem Anschauen des Videos eine Nacht im Labor. Dabei wurde per Elektroenzephalogramm (EEG) ihre Hirnaktivität überwacht und sichergestellt, dass sie tatsächlich schliefen. Die anderen Teilnehmerinnen blieben wach und schliefen erst 24 Stunden später wieder.

Während sieben Tagen nach dem Film sollten die Studienteilnehmerinnen zudem ein Tagebuch führen, um die wiederkehrenden Erinnerungen daran zu dokumentieren. Demnach tauchten die verstörenden Bilder immer wieder aus dem Nichts vor ihrem inneren Auge auf - begleitet von den gleichen negativen Gefühlen wie beim Anschauen des Videos. Dies sei sehr ähnlich zu den "Flashbacks", von denen Patienten mit Posttraumatischen Belastungsstörungen berichten, erläuterten die Wissenschafter.

Schützende Wirkung von Schlaf

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass Personen, die nach dem Film schliefen, weniger und weniger belastende wiederkehrende emotionale Erinnerungen hatten als diejenigen, die wach blieben", sagte die Forscherin Birgit Kleim. Dies stütze die Annahme, dass dem Schlaf nach traumatischen Erlebnissen eine schützende Wirkung zukomme. Von den Ergebnissen berichteten die Wissenschafter kürzlich im Fachjournal "SLEEP".

Studie widerspricht früheren Forschungsergebnissen

Ob Schlaf beim Verarbeiten von Stress und Traumata hilft oder die negativen Erinnerungen eher noch manifestiert, ist Gegenstand aktueller Forschung. So kamen frühere Studien zu dem Schluss, dass Schlafentzug beängstigende Erinnerungen mildern kann.

Die auf den ersten Blick widersprüchlichen Ergebnisse der Zürcher Studie erklärt Kleim so: "Erinnerungen bestehen laut einer gängigen Theorie aus zwei Teilen, dem Inhalt und einer Art emotionalen Hülle." Schlaf unterstütze das Abspeichern der Inhalte, baue aber gleichzeitig die damit verbundenen negativen Emotionen ab. "Das macht die Erinnerung weniger belastend. Und letztlich soll ein Trauma ja eingeordnet werden in die Autobiografie eines Individuums."

Es gebe bisher aber auch einfach noch wenig Forschung zur Wirkung von Schlaf in der Zeit direkt nach einem belastenden Erlebnis. "Die Frage ist, was man Personen direkt nach einem Trauma anbieten kann, das das Risiko einer Posttraumatischen Belastungsstörung senken könnte", so Kleim. Sollte sich Schlaf als präventive Maßnahme in weiteren Studien bewähren, sei dies eine interessante und nicht-invasive Möglichkeit.

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