Forscher auf der Suche

Warum wir schlafen

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Österreichischer Neurowissenschafter sucht an der Uni Oxford nach Grund, warum wir schlafen

Warum jedes Lebewesen mit einem Gehirn schlafen muss, ist für den österreichische Neurowissenschafter Gero Miesenböck von der Uni Oxford "eines der größten biologischen Rätsel". Auf der Suche nach Antworten ist es seinem Team nun gelungen, bei Fliegen mit einem Lichtstrahl einen Aufwach-Schalter zu betätigen. Die Forscher um den Begründer der "Optogenetik" berichten darüber im Fachblatt "Nature".

"Methode des Jahres"

Miesenböck legte den Grundstein zur von ihm begründeten neurowissenschaftlichen Methode der "Optogenetik" bereits 2002 an der Yale University (USA). Im Jahr 2010 kürte "Nature" das Verfahren, bei dem lichtsensitive Proteine über die DNA in Zellen eingeschleust werden, die dann durch einen Lichtstrahl gezielt und schnell aktiviert werden können, zur "Methode des Jahres".

Rolle des Schlafes als Rätsel

Dem Thema Schlaf nähert sich Miesenböcks Forschungsteam nun seit ungefähr fünf Jahren an - mit dem Fernziel herauszufinden, warum jedes Lebewesen, das ein Gehirn hat, schlafen muss. "Wir wissen immer noch nicht, was die Rolle des Schlafes ist", sagte Miesenböck der APA.

"Schlafhomöostase"

Relativ viel sei bereits über einen Kontrollmechanismus von Schlaf und Wachheit bekannt. Wie die innere Uhr im zirkadianen (ungefähr der Länge des Tages entsprechenden; Anm.) Rhythmus schlägt, wird auf molekularer Ebene gut verstanden. "Das ist aber ein reiner Anpassungsmechanismus, der die Kernfrage nicht beantworten kann. Diese Frage wird wahrscheinlich erst durch die Analyse des zweiten Mechanismus verstanden", so Miesenböck.

Mit diesem "Schlafhomöostase" genannten Mechanismus beschäftigen sich die Wissenschafter in Oxford. Hier geht es darum, herauszufinden, wie es ein Organismus schafft zu messen, wie lange er bereits wach ist, sowie um jene Prozesse, die Mensch oder Tier in den Schlafzustand versetzten, wenn das Limit überschritten wird.

Bei Fruchtfliegen (Drosophila) passiert all das in lediglich 24 Zellen in einem bestimmten Gehirnareal, wie Miesenböck und sein Team 2014 zeigen konnten. Die elektrischen Signale dieser Zellen versetzen die Fliege in Schlaf. Eine zentrale Rolle spielt ein winziger Ionen-Kanal, der von den Wissenschaftern "Sandman" (auf Deutsch "Sandmännchen") genannt wurde. "Schläft die Fliege, ist dieser Kanal inaktiv, weil er aus der Zellmembran herausgenommen wird", erklärte Miesenböck. Wird er wieder in die Membran eingebaut, verursacht dann eine Art Kurzschluss, der die Zelle elektrisch inaktiv macht und die Fliege aufwachen lässt.

Forscher betätigen Aufwach-Schalter bei Fliegen

Es gelang den Forschern aber auch, jene Signale zu finden, die diese Zellen beeinflussen. Miesenböck: "Wir haben gesehen, dass Dopamin (ein wichtiger Botenstoff im Gehirn, Anm.) diese schlafinduzierenden Zellen abschaltet." Die Dopamin-Ausschüttung mit "unserem Hausmittel", der Optogenetik, auszulösen, lag für den Wissenschafter auf der Hand. In der aktuellen Arbeit veränderten sie die Dopamin-ausschüttenden Zellen so, dass sie den Botenstoff aussenden, wenn sie mit Licht bestrahlt werden. Nach einer Bestrahlungsdauer von zwei bis zehn Minuten war der Schalter umgelegt und die Tiere erwachten. Wurden sie nur kurz bestrahlt, wachten sie zwar auch auf, verabschiedeten sich jedoch bald wieder in den Schlaf, sobald klar war, dass sie keiner lebensbedrohenden Situation ausgesetzt waren.

Die Forscher können die Tiere auch bereits optogenetisch in den Schlaf schicken, indem sie die schlafproduzierenden Zellen gezielt einschalten. "Was wir aber noch nicht kennen ist das natürliche biologische Signal, das die Tiere einschlafen lässt. Dieses Signal zu finden, würde auch das Rätsel der biologischen Rolle des Schlafs lösen", zeigte sich Miesenböck überzeugt.

Auch beim Menschen ähnlich

Die Tragweite dessen wäre dann auch nicht unbedingt auf Drosophila beschränkt: Obwohl die Gehirne der Fliegen und jene der Menschen sehr unterschiedlich sind, gebe es nämlich einige Parallelen. Beiden Spezies ist gemein, dass der Organismus bestrebt sein muss, nicht in irgendwelche Dämmerzustände zwischen Schlaf und Wachheit zu fallen. "Ich glaube, dieser Dopamin-Mechanismus erfüllt genau diese Voraussetzung. Auch beim Menschen gibt es einige Zellen, die ähnliche Eigenschaften haben. Genau diese werden auch durch Anästhetika aktiviert. Die Parallelen sind schon ganz deutlich", so der Forscher.

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