Fokus: Früherkennung

Neue Chancen bei Krebs

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Krebs wird immer besser behandelbar! Expert:innen teilen im 1. „Österreichischen Krebsreport“ hochspannendes Insiderwissen.   

Anlässlich des Weltkrebstages (jährlich am 4. Februar) legte die Österreichische Krebshilfe gemeinsam mit der Öster­reichischen Gesellschaft für Häma­tologie & Medizinische Onkologie (OeGHO) heuer den 1. „Österreichischen Krebsreport“ vor. Das Werk ist eine kompakte Datensammlung über die Erkrankung und Versorgung der Krebspatient:innen hierzulande. Alle wesentlichen Institutionen und Expert:innen haben gemeinsam ihr Wissen eingebracht, Zahlen, Daten und Fakten zusammengetragen – zum Teil sogar erstmalig erhoben. Ab nun soll der Krebsreport jährlich in überarbeiteter ­Fassung erscheinen.

Fokus: Früherkennung
Jedes Jahr erkranken in Österreich etwa 42.000 Menschen an Krebs, Männer sind ­etwas häufiger betroffen als Frauen. Für ­beide Geschlechter stellen bösartige Tumor­erkrankungen, nach den Herz-Kreislauf-­Erkrankungen, die zweithäufigste Todesursache dar. Je früher eine Krebserkrankung erkannt wird, desto besser ist sie therapierbar bzw. desto höher sind die Heilungschancen. Früherkennungsuntersuchungen, wie Mammografie (Anm.: Röntgenuntersuchung der Brust) und Koloskopie (Anm.: Untersuchung des Darms), diagnostizieren verlässlich bereits Krebsvorstufen bzw. Tumoren in ihrer Entstehung. Daher lautet einer der Appelle der Expert:innen im Rahmen der Publikation, Screenings trotz Pandemie unbedingt wahrzunehmen.

Fokus: Personalisierte Onkologie
Einer der Schwerpunkte des „Österreichischen Krebsreports“ liegt neben „Krebs und Covid-19“ auf neuen, erfolgversprechenden Therapien. Die moderne Krebsbehandlung ist in der Regel eine multimodale. Das bedeutet, dass mehrere Berufsgruppen und Fachdisziplinen in eine Therapie involviert sind und dass verschiedenste Methoden (s. li.) zum Einsatz kommen. Univ.-Prof. Dr. Markus Müller, Rektor der MedUni Wien, hebt die steten Forschungsfortschritte insbesondere in der Pharmakologie hervor.

Zielgerichtete Therapien würden zunehmend und erfolgreich zum Einsatz kommen. Die sogenannte maßgeschneiderte Therapie forscht die „Achillesferse“ der Krebszellen aus. Mithilfe molekularpathologischer Untersuchungen können Tumoren charakterisiert und die individuellen Merkmale bestimmt werden. Gegen die spezifischen Eigenschaften, die für das Überleben und die Vermehrung von Krebszellen wichtig sind, richtet sich dann die Behandlung.

Von großer Bedeutung ist auch die Immuntherapie. Sie vermag es, die Tumorzellen, die sich vor dem Immunsystem verstecken können, zu enttarnen, wodurch Antikörper den Tumor angreifen können. Zu den erfolgversprechenden immunologischen Behandlungen zählt die CAR-T-Zell-Therapie. Diese kommt aktuell bei bestimmten Blut- bzw. Lymphdrüsenkrebserkrankungen (u. a. Lymphome) zum Einsatz. „Dabei werden Immunzellen des Patienten/der Patientin (Anm. T-Zellen) genetisch so modifiziert, dass sie an ihrer Oberfläche einen Antikörper exprimieren, der Krebszellen zielgerichtet erkennt und damit deren Zerstörung durch diese körpereigenen T-Zellen einleitet“, informiert Hämatologie Prof. Dr. Ulrich Jäger.

Verbesserte Chancen.
Manche Krebsformen, die vor wenigen Jahren noch eine schlechte Prognose hatten, können dank immunonkologischer sowie zielgerichteter Substanzen – je nach Indikation in Kombination mit Chemotherapie – immer besser behandelt werden. Dadurch verlängert sich die Überlebenszeit und verbessert sich die Lebensqualität vieler Patient:innen entscheidend. Relevante Therapiefortschritte lassen sich u. a. durch die Etablierung der Immuntherapie etwa beim Magenkarzinom verzeichnen. Die Expert:innen schreiben gar von „beeindruckenden Ergebnissen“. Immuntherapie mit sogenannten Checkpoint-Inhibitoren (Anm.: aktivieren die Tumorabwehr) und die zielgerichtete Therapie führe laut Onkologin Priv.-Doz. Dr. Gudrun Absenger beim Lungenkarzinom zu einer teils deutlichen Verlängerung der Lebenszeit.
Die Forschung arbeitet mit Hochdruck daran, Therapien individueller, nebenwirkungsärmer und leichter für Patient:innen gestalten zu können. Assoz.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Armin Gerger, MBA, Medizinischer Leiter der Ö. Gesell. für Hämatologie und Medizinische Onkologie, berichtet von „neuen innovativen medikamentösen Tumortherapien, die teilweise bereits zu Hause eingenommen werden können“. Allein 2020 wurden in Europa 21 neue medikamentöse Tumortherapien auf den Markt gebracht, elf davon mit neuem Wirkstoff.    

Therapie-Säulen & innovative Methoden im Überblick 

Behandlung bei Krebs 

Operative Eingriffe
Operative Eingriffe dienen der vollstän­digen oder teilweisen Entfernung von ­Tumorgewebe. Wenn der Tumor durch ­eine OP vollständig entfernt werden kann, stellt die OP in vielen Fällen die alleinige Therapie dar. Es kann zusätzlich eine medikamentöse oder strahlentherapeutische Nachbehandlung durchgeführt werden, um zu verhindern, dass einzelne verbliebene Krebszellen zu einem Rückfall führen. Neben der „offenen“ OP sind minimalinvasive „gewebsschonendere“ Techniken wie Laserchirur­gie, Endoskopie und Laparoskopie möglich („Schlüsselloch“­-Chirur­gie). Der Einsatz von robotischer Assistenz („Roboterchirurgie“ s. o.) kann die Präzision deutlich erhöhen.

Strahlentherapie
Die Radiotherapie ist – mit Ausnahme der Ganzkörpertherapie – eine lokale Therapieform, vergleichbar mit der Chirurgie und wirkt ebenfalls ausschließlich in der behandelten Region. Erfolgt als alleinige Therapie oder in Kombination mit anderen, entweder vor oder nach der OP oder im Anschluss an medikamentöse Therapien. Kommt auch palliativ zum Einsatz.

Medikamentöse Therapien
Chemotherapie: der programmierte Zelltod. Mithilfe von Medikamenten sollen im gesamten Körper Tumorzellen am weiteren Wachstum gehindert und abgetötet werden. Krebszellen wachsen in der Regel ­rascher als normale Zellen. Die meisten Chemotherapien greifen in erster Linie jene Tumorzellen an, die sich gerade teilen, und schädigen sie so, dass eine weitere Teilung nicht mehr möglich ist. Da die Unterscheidung zwischen Krebszellen und sich schnell teilenden normalen Zellen nicht so einfach ist, lässt sich eine Mitschädigung von gesundem Gewebe nicht vermeiden. Verabreichung: Injektionen, Infusionen, Katheter oder als Tablette.
Antihormontherapie: wird bei Krebsarten eingesetzt, deren Wachstum besonders empfindlich auf Hormone reagiert (wie Brust-, Prostatakrebs). Die Bildung oder Wirkung des natür­lichen Hormons, das zum Wachstum der Tumorzellen beiträgt, wird gestört.
Immuntherapie: Tumorzellen haben die ­Fähigkeit, sich vor dem Immunsystem zu tarnen bzw. immunologische Funktionen zu lähmen. Durch die Immuntherapie
werden Mechanismen der Tumorzelle, sich vor dem Immunsystem zu tarnen bzw. dieses auszuschalten, außer Kraft gesetzt – die eigenen Antikörper können den
Tumor angreifen. Immuntherapien mittels
Immuncheckpoint-Inhibitoren (Anm.: Kontrollpunkte des Immunsystems, die die körpereigene Abwehr gegen Krebs stärken) sind derzeit bei verschiedenen
Tumortypen in unterschiedlichen ­Situationen zugelassen. Sie kommen
bei Lungenkrebs, bei der Therapie des malignen Melanoms, beim Magenkarzinom sowie bei vorbehandelten Nierenzellkarzinomen zum Einsatz. Eine neuartige immuno­logische Krebstherapie ist die
CAR-T-Zelltherapie: diese vereint Immunzellen- und Gentherapie. Durch ­gentechnische Veränderungen werden aus menschlichen T-Zellen (Gruppe von weißen Blutzellen) aggressive Tumorkiller. Einsatz­gebiete: bestimmte Blutkrebs­erkrankungen und gewisse Lymphome (u. a. akute lymphatische Leukämie).
Zielgerichtete Therapie: Richtet sich gegen spezifische Eigenschaften oder Moleküle, die für das Überleben und die Vermehrung von Krebszellen wichtig sind. Je nach Beschaffenheit der Krebszelle blockieren zielgerichtete Medikamente für die Zellteilung wichtige biochemische Signalketten, hemmen die Gefäßneubildung und „hungern“ den Tumor aus oder richten sich gar gegen Tumorstammzellen. Sie werden z. B. bei Brust-, Darm-, Lungen-, Nierenkrebs, bei schwarzem Hautkrebs und bei bestimmten Blutkrebsformen erfolgreich angewendet. Anders als bei Chemo- oder Strahlentherapie richten sich viele der neuen Wirkstoffe nicht gegen gesunde Zellen. Dennoch gibt es Nebenwirkungen,
z. B. Hautreaktionen und Lichtempfindlichkeit.  

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