Früherkennung

Alles, was Sie über die Herz-Kreislauf-Vorsorge wissen müssen

Teilen

Rund ein Drittel aller Sterbefälle in Österreich sind auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen. Damit sind sie die häufigste Todesursache. Im Interview erklären uns die Experten, wie man die Risiken für Schlaganfall & Co. frühzeitig erkennen und abwenden kann. 

Ein starkes Herz-Kreislauf-System ist die Basis für ein langes Leben in guter Gesundheit. Das persönliche Risiko wird trotzdem häufig unterschätzt. Denn die Symptome zeigen sich oft erst, wenn bereits Gefahr droht. Für den Erhalt der Herz-Kreislauf-Gesundheit ist neben einem vorsorglichen Lebensstil auch die Früherkennung essenziell. Alles, was Sie über die medizinische Herzvorsorge wissen sollten, verraten die Experten vom Herz Zentrum Währing, Doz. Dr. Max-Paul Winter und Prof. Dr. Georg Goliasch im Talk.


Warum ist die Früherkennung so wichtig und was kann man mit regelmäßigen Check-ups bewirken?

Priv.-Doz. Dr. Max-Paul Winter: Eine gute Herzgesundheit ist entscheidend für das allgemeine Wohlbefinden und kann einen erheblichen Einfluss auf die Lebensdauer der Menschen haben. Im Rahmen von regelmäßigen Früherkennungsuntersuchungen, können Herzkrankheiten frühzeitig erkannt und rechtzeitig behandelt werden. Liegen Risikofaktoren vor und werden diese rechtzeitig erkannt, können diese durch verschiedene Maßnahmen wie Lebensstilmodifikationen reduziert werden.

Ein Blick in das Herz Zentrum Währing.

Ein Blick in das Herz Zentrum Währing.

© Kernmayer
× Ein Blick in das Herz Zentrum Währing.

Menschen ab 18 können in Österreich einmal jährlich die allgemeine Vorsorgeuntersuchung, die „Gesundenuntersuchung“ bei Allgemeinmediziner:innen in Anspruch nehmen. Was leistet diese in Bezug auf Herzvorsorge?

Prof. Dr. Georg Goliasch: Die Gesundenuntersuchung ist eine hervorragende Screeningmethode, um Patient:innen zu identifizieren, die von durch Herzspezialist:innen – also Kardiolog:innen – profitieren würden. Mittels umfassender diagnostischer Methoden, wie Anamnese, EKG und Abhören mit dem Stethoskop, können hier schon früh Hinweise auf das Vorliegen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen entdeckt werden. Gibt es hier Auffälligkeiten, sollte eine weiterführende Diagnostik durch Kardiolog:innen bzw. Internist:innen erfolgen.

Wird ab einem gewissen Alter ein Check-up fürs Herz direkt bei Kardiolog:innen empfohlen?

Doz. Winter: Es gibt keine festen Regeln, wer besonders von einer Vorsorge bei Herzspezialist:innen profitiert, da das individuelle Risiko stark variieren kann. Allgemein sollte im Alter von ca. 40 bis 50 Jahren eine Herzvorsorgeuntersuchung in Betracht gezogen werden. Dies kann entsprechend früher sinnvoll sein, wenn bestimmte Risikofaktoren wie Diabetes, Bluthochdruck, hohe Cholesterinspiegel, familiäre Häufung von kardiovaskulären Erkrankungen oder chronische Nierenerkrankungen vorliegen. Neben dem herkömmlichen EKG und Blutuntersuchungen kommen auch Methoden wie Ultraschall, Langzeit-EKG oder Ergometrie zum Einsatz.

Herzvorsorge ab 40 also. Für Männer und für Frauen?

Prof. Goliasch: Ja. Obwohl Männer statistisch gesehen häufiger und in jüngerem Lebensalter Herzerkrankungen bekommen, muss erwähnt werden, dass bei Frauen Herz-Kreislauf-Erkrankungen oft verspätet oder gar nicht diagnostiziert werden, da diese oft ganz unterschiedliche Symptome haben.

Apropos Symptome. Kann man spüren, ob das Herz in Gefahr ist?

Doz. Winter: In frühen Krankheitsstadien ist insbesondere die koronare Herzkrankheit asymptomatisch. Gerade hier sind Herzvorsorge und Früherkennung besonders wichtig, da bei Auftreten von Symptomen oft schon Gefahr für den Patienten, die Patientin droht. Leitsymptome sind Brustschmerzen, Enge der Brust – als wäre ein Gürtel um die Brust geschnürt oder als würde jemand auf der Brust sitzen – ein Brennen in der Brust, welches in den Arm ausstrahlt, Atemnot sowie diffuse Bauchschmerzen insbesondere bei Frauen. In akuten Situationen wie im Rahmen von Herzinfarkten treten auch Symptome wie Übelkeit und Erbrechen, starkes Schwitzen sowie sehr schneller oder langsamer Puls auf.

Lassen Sie uns noch auf die Blutuntersuchung eingehen. Das Labor schickt die Werte aufs Handy. Leuchten einige Rot auf, ist die Sorge groß. Wie findet man als Laie durchs Werte-Chaos?

Prof. Goliasch: Inzwischen kann man auf eine Vielzahl an Biomarkern (Anm.: messbare biologische Merkmale) zurückgreifen, die helfen, die verschiedensten Risikofaktoren zu quantifizieren. Etabliert haben sich u. a. Marker für den Fettstoffwechsel (z.B. LDL-C, nonHDL-C, Lpa), für den Zuckerhaushalt (i.e. Hba1c) und verschiedene Biomarker (z.B. NT-proBNP). Neben der Bestimmung von Standardwerten (z.B. Nierenfunktion, Schilddrüse) sollten diese Biomarker personalisiert und in Abhängigkeit von Symptomen noch erweitert bzw. angepasst werden.
Wichtig ist zu wissen, dass alle diese Werte mit einem Spezialisten, einer Spezialistin besprochen werden müssen, da nur in den seltensten Fällen ein einzelner Wert entscheidend ist. Hier müssen die ausführliche Anamnese, der Verlauf der relevanten Werte und die apparativen Untersuchungen, wie die Ergometrie berücksichtigt werden.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.