Die Reha gegen Krebs

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Krebspatient:innen haben seit Kurzem die Möglichkeit, eine Reha in Anspruch zu nehmen. Wie diese abläuft und was sie bewirkt. 

Kaum ein Fachgebiet in der Medizin erlebt momentan einen derartigen Wissensfortschritt wie die Onkologie. Innovationen in Diagnostik und Therapie führen dazu, dass immer mehr Menschen geheilt werden können beziehungsweise Krebs zu einer chronischen -nicht mehr lebensbedrohlichen -Erkrankung wird, mit der Menschen unter entsprechender Therapie viele Jahre leben. Als wichtige Therapiesäule hat sich in den letzten Jahren die onkologische Rehabilitation etabliert. Diese zielt darauf ab die Lebensqualität von Menschen, die eine Krebstherapie hinter sich gebracht haben beziehungsweise mit einer onkologischen Erkrankung leben, möglichst wieder herzustellen, weitgehende Beschwerdefreiheit zu ermöglichen und das Risiko einer Rückkehr der Krebserkrankung (Anm.: Rezidiv) zu reduzieren. Internist Prim. Dr. Bruno Mähr, Leiter einer onkologischen Rehabilitationseinrichtung, gibt Einblick in Ziele, Möglichkeiten und Erfolge.

Warum braucht es eine Reha?

"Im Bereich der Versorgung onkologischer Patient:innen", so Prim. Mähr, "gab es in den letzten zehn Jahren unglaubliche Fortschritte in allen Bereichen, von der Vorsorge über Diagnose und Therapie bis hin zu Rehabilitation und Nachsorge. Die immer genauere, zielgerichtete, personalisierte Therapie und optimierte OP-Methoden reduzieren zahlreiche Nebenwirkungen, wie ausgeprägte Lymphödeme oder Harninkontinenz. Die neuen Behandlungsmethoden haben jedoch selbst teilweise auch Nebenwirkungen, die vor allem in Richtung der chronischen Erschöpfung und dem ausgeprägten Leistungsabfall sowie Depressionen, Herzschwäche und Hautveränderungen, Schädigungen der peripheren Nerven und Verdauungsstörungen gehen. Wissenschaftliche und technische Weiterentwicklungen im Rehabilitationssektor erlauben uns eine raschere und exaktere Diagnostik der funktionellen Einschränkungen und ein an die Bedürfnisse wesentlich besser angepasstes Trainings- und Rehabilitationsprogramm."

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© Getty Images
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Die Reha nach Maß

So wie die modernen Therapien wird auch die Rehabilitation individuell an die Patient:innen angepasst. Am Anfang einer Rehabilitation stehe immer ein "Assessment" mit einer "multiperspektivischen Sicht". Einbezogen wird bei dieser Erstabklärung nicht nur die Erkrankung, sondern auch der Mensch und seine Umwelt. Steht die Person im Berufsleben? Ist eine Rückkehr geplant? Und was ist im Privaten wichtig? "Die medizinische Diagnose einer Krankheit alleine reicht meist nicht aus, um eine optimale Therapie zu gewährleisten, weil Patient:innen trotz gleicher Diagnose unterschiedliche Schwierigkeiten im alltäglichen Leben erleben können", so Prim. Mähr. Unter der Koordination des ärztlichen Dienstes arbeiten alle Berufsgruppen gemeinsam daran, bestehende Einschränkungen im Alltagsund Berufsleben nach einer Krebserkrankung bestmöglich zu verringern oder zu beseitigen. "Nach einem ärztlichen Aufnahmegespräch", so der Internist, "folgen Ersttermine mit jeder einzelnen Berufsgruppe: Pflege, Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Diätologie, Psychologie, Lymphtherapie, Sozialarbeit. Dabei wird erhoben, bei welchen Aktivitäten im Alltag es Einschränkungen gibt und wie die einzelnen Bereiche der Rehabilitation unterstützen können. Es folgt die Definition von Zielen. Diese sollen messbar und in den drei Wochen der stationären Rehabilitation auch realistischerweise erreichbar sein." Der Experte gibt Beispiele für die Formulierung von Zielen: "Ich wohne im ersten Stock ohne Lift und möchte die Treppen ohne Pause steigen können" oder "Ich möchte mein dreijähriges Enkerl hochheben können" - anstatt von: "Ich möchte fitter und kräftiger werden". Erst danach werden, den Zielen angepasst, die Therapiepläne für den Aufenthalt erstellt. Mähr: "In Teambesprechungen erfolgt die sinnvolle Koordination der Maßnahmen, Kontrolluntersuchungen während des Aufenthalts überprüfen die Zielerreichung und die erforderlichen Adaptierungen der Therapien."

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Aktivität als Supermedikament

Zahlreiche Studien in mehreren Ländern haben gezeigt, dass v. a. Entspannungsverfahren, Sporttherapie, Information, Motivation und psychologische Intervention die Lebensqualität der Betroffenen deutlich heben. Die Forschung geht zudem der Frage nach, wie sich einzelne Reha-Maßnahmen auf den Erkrankungsverlauf oder das Gesamtüberleben auswirken und sieht Bewegung mittlerweile als Medikament. "Es gibt bereits ziemlich klare Hinweise darauf, dass bestimmte langfristige Maßnahmen, wie körperliche Aktivität, das Wiederauftreten einer Tumorerkrankung verhindern oder verzögern können, oder ultimativ auch zu einem längeren Überleben führen", so Mähr.

Wissen kompakt:

Wann beginnt eine Reha?

Antworten von Prim. Dr. Bruno Mähr: Die onkologische Rehabilitation ist ein Prozess, der ab der Diagnosestellung unterstützend zu den anderen Therapiemaßnahmen begleiten soll. Die erste Phase der Rehabilitation beginnt im Idealfall bereits in ambulanter Form im Akutkrankenhaus. Schon bei der Planung der Primärtherapie sollten Fragen nach der weiteren ambulanten Versorgung, möglichen Folgestörungen, der möglichen Unterstützung bei körperlichen, sozialen und beruflichen Schwierigkeiten bedacht und mit der Patientin und dem Patienten besprochen werden.

Wie lange dauert sie?

prim. mähr: Nach der Primärtherapie im onkologischen Zentrum erfolgt, sofern eine Rehabilitationsbedürftigkeit und -fähigkeit festgestellt wird, eine Anschlussheilbehandlung, bei der alle medizinisch onkologischen Rehabilitationsmaßnahmen gebündelt werden. Diese dauert in der Regel drei Wochen im Rahmen einer stationären Rehabilitation, kann aber auch ambulant durchgeführt werden, wenn das familiäre Umfeld zum Erreichen der Rehabilitationsziele wesentlich beiträgt oder familiäre oder berufliche Pflichten eine längere Abwesenheit nicht erlauben. Stationäre Behandlungen sind vorzuziehen, wenn Multimorbidität oder mangelnde psychische Belastbarkeit vorliegen, dauernde pflegerische oder ärztliche Betreuung nötigt sind, oder eine Entlastung vom sozialen Umfeld zeitweilig erforderlich ist.

Wer zahlt?

Prim. Mähr: Ein Großteil der Kosten wird vom Pensions-Versicherungsträger übernommen. Es gibt einen Selbstbehalt, der von der Höhe des Einkommens abhängig ist.

Welche Zentren gibt es?

In Österreich gibt es sowohl stationäre als auch ambulante onkologische Rehabilitations-Zentren. Die Auflistung finden Sie unter www. krebshilfe.net/services
 

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