Experten warnen:

Versagen bei Schmerzpatienten-Versorgung in Österreich

Teilen

1,5 Millionen bis zwei Millionen Schmerzpatienten bedürfen einer speziellen Therapie

Experten orten anlässlich der bevorstehenden 16. Schmerzwochen der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG) ein großflächiges Versagen bei der Versorgung betroffener Patienten. Schmerzambulanzen von Krankenhäusern hätten zugesperrt, im Entwurf für den neuen Österreichischen Strukturplan Gesundheit komme die Schmerzmedizin kaum vor, hieß es am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien.

"Landeshauptmann (Erwin; Anm.) Pröll hat wahrscheinlich viel erreicht. Was er nicht erreicht hat, ist eine gute Versorgung von Schmerzpatienten. Da ist in Niederösterreich so ziemlich alles zugesperrt worden", sagte der Präsident der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG), Wolfgang Jaksch.

Viele Patienten sammeln sich in den Schmerzambulanzen der Wiener Spitäler

Der Experte nannte Details aus dem flächenmäßig größten Bundesland Österreichs: "Die Schmerzambulanz am Krankenhaus Horn hat zugesperrt. St. Pölten ist relativ aktiv. In Tulln gibt es zwölf bis 18 Stunden pro Monat (Ambulanzstunden für Schmerzpatienten; Anm.), in Mistelbach zwölf Stunden." Die entsprechenden Einrichtungen in Mauer und in Neunkirchen hätten zugesperrt. "Südlich von Wien gibt es (in Niederösterreich; Anm.) keine Schmerzambulanz mehr." Extrem viele Patienten sammelten sich deshalb in den Schmerzambulanzen der Wiener Spitäler an und erhöhten damit die Wartezeiten noch zusätzlich.

Die Fachleute gehen von in Österreich rund 1,5 Millionen bis zwei Millionen Schmerzpatienten aus. Während die quälenden Symptome zumeist die Folgen von chronischen Grunderkrankungen sind, dürften 350.000 bis 400.000 Menschen "schmerzkrank" sein. Das heißt, dass sie an schweren chronischen Schmerzen leiden, die sich quasi verselbstständigt haben. Diese Personen würden eine Betreuung in spezialisierten "multimodalen" Einrichtungen benötigen, die aber in Österreich kaum existieren.

Mangelnde Zukunftsperspektiven

Jaksch betonte bei der Pressekonferenz auch die mangelnden Zukunftsperspektiven: Im Entwurf zum österreichischen Strukturplan Gesundheit komme die Schmerzmedizin "fast nicht" vor. Und statt ein Beispiel für andere Krankenhäuser zu sein, habe man an der Wiener Universitätsklinik (MedUni Wien/AKH) den Akut-Schmerzdienst, den es an sieben Tagen und rund um die Uhr geben sollte, reduziert.

Operationen: Zehn Prozent der Patienten entwickeln chronische Schmerzen

Gerade um die Versorgung von Patienten nach chirurgischen Eingriffen (postoperative Schmerzen) geht es schwerpunktmäßig bei den Österreichischen Schmerzwochen. "Wir haben in Österreich pro Jahr rund 1,2 Millionen Operationen. Zehn Prozent der Patienten entwickeln chronische Schmerzen", sagte der Kärntner Spezialist Rudolf Likar (Klinikum Klagenfurt). Die Entwicklung solcher chronischer Beschwerden nach chirurgischen Eingriffen gelte es durch eine entsprechende Behandlung rund um Operationen zu verhindern. Oft handle es sich bei Defiziten um eine Schnittstellenproblematik. "Ob der Anästhesist oder der Chirurg dafür zuständig ist, einer muss verantwortlich sein", sagte Likar.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.
OE24 Logo