Colitis Ulcerosa

Entzündete Darmwand: Fakten & Therapien

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Die chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED) verursacht eine schwere Entzündung im Dickdarm. Sie ist nicht heilbar, lässt sich aber gut behandeln. 

Colitis ulcerosa trifft zumeist die Jungen - Menschen zwischen 20 und 40 - und geht oft mit schweren Einschränkungen des Alltags und der Gesundheit einher. Die chronisch-entzündliche Darmerkrankung verläuft in Schüben. Typisches Anzeichen während eines Schubes ist plötzlicher Stuhldrang. Der Stuhl weist dabei Blut auf - das Hauptsymptom der Colitis ulcerosa. "Abhängig davon, wie viel Darm von der Entzündung betroffen ist, kann der Stuhl von geformt bis flüssig variieren. Ist ausschließlich der Mastdarm (Anm.: Rectum) betroffen, kann der Stuhl geformt sein. Die meisten Betroffenen leiden jedoch unter flüssigem bis breiigem Stuhlgang. Manchmal kann es auch nur zu blutigen Schleimabgängen kommen", erklärt Expertin Doz. Dr. Sieglinde Reinisch.

Noch viele Fragen offen. Die Ursachen der Dickdarmentzündung konnten bis dato nicht restlos geklärt werden. Expert:innen gehen davon aus, dass die Erkrankung aus einer Kombination von genetischen Faktoren und Umweltfaktoren resultiert. Auch der individuelle Krankheitsverlauf lässt sich nicht vorhersagen. Die Krankheit kann progressiv verlaufen - d. h. sie steigt vom Enddarm in weitere Darmabschnitte auf. Es kann aber auch vorkommen, dass von Erkrankungsbeginn an bereits der ganze Dickdarm betroffen ist. Die Krankheit verläuft in Schüben. Phasen der Beschwerdefreiheit (Remission) wechseln sich mit akuten Schüben ab. Wie oft Schübe auftreten, lässt sich nicht prognostizieren.

Leben mit der Krankheit

Oberstes Therapieziel ist die Abheilung der Darmschleimhaut. Je früher die Erkrankung behandelt wird, desto besser. Medikamente wie Biologika und die "Kleinen Moleküle" können eine Abheilung der Darmschleimhaut erreichen und so zu einer langfristigen Eindämmung der Krankheitsaktivität verhelfen.

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Die wichtigsten Fakten im Überblick

Hier finden Sie die wichtigsten Informationen über Entstehung, Verlauf und Therapie bei Colitis ulcerosa!

Was ist Colitis ulcerosa?

Bei der Colitis ulcerosa handelt es sich um eine unterschiedlich stark ausgeprägte, chronische Entzündung des Darms mit Geschwürbildung, die fast ausschließlich den Dickdarm betrifft. In den meisten Fällen ist die oberste Schleimhautschicht (Mukosa) betroffen. Am häufigsten erkranken Menschen zwischen 20 und 40. Männer und Frauen sind in etwa gleich häufig betroffen.

Entstehung

Bei CED ist die Darmbarriere geschwächt, das Immunsystem wird alarmiert und eine chronische Entzündung ausgelöst. Die Ursachen einer Colitis ulcerosa sind nicht abschließend geklärt. Vermutet wird das Zusammenspiel genetischer, immunologischer und infektiöser Komponenten.

Symptome

Häufiger Stuhlgang, oftmals Durchfälle, mit blutig-schleimigen Stuhlbeimengungen, die mit Gewichtsverlust einhergehen, sind oftmals erste Anzeichen. Blut im Stuhl ist das Hauptsymptom. Ob und wie häufig Durchfälle auftreten hängt davon ab, wie stark die Entzündung im Darm fortgeschritten ist. Mitunter müssen Patient: innen bis zu 15-mal täglich ihren Darm entleeren. Der Stuhldrang tritt plötzlich auf, oft nächtens. Weiters leiden Betroffene unter krampfartigen Bauchschmerzen, die nach dem Stuhlgang nachlassen. Zusätzlich können Allgemeinsymptome wie Antriebslosigkeit, beschleunigter Herzschlag und Fieber auftreten. Auch Begleiterkrankungen an Augen, Gelenken, Haut, Knochen, Leber und Galle sind möglich.

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Krankheitsverlauf

Die Erkrankung verläuft in Schüben. Die Stärke ihrer Ausprägung sowie die Länge von Schüben oder beschwerdefreien Zeiten ist unterschiedlich und lässt sich nicht vorhersagen. Wird die Erkrankung nicht adäquat behandelt, kommt es durch die anhaltende Entzündung im Verlauf zu einer fortschreitenden Schädigung der Darmschleimhaut.

Begleiterkrankungen

Die Erkrankung kann sich auch außerhalb des Verdauungstrakts zeigen. Jeder/jede zweite Patient/ Patientin ist davon betroffen - meistens in Form von Entzündungen an Augen, Haut, Gelenken, Leber und Knochen.

Diagnose

Eine frühzeitige optimale Therapie kann neue Schübe verhindern, eine weitere Ausbreitung verhindern. Die Diagnose wird mittels Anamnese, körperlicher Untersuchung, Blut- und Stuhlproben, bildgebender Verfahren und Endoskopie (Spiegelung des Verdauungstraktes) gestellt.

Hilfe für Betroffene:

- Das Online-Portal www.crohncolitis-info.at bietet Lifestyle-Tipps rund um Ernährung, Bewegung und Sport, Beziehung, Sexualität und Kinderwunsch, Urlaub und Stressreduktion sowie Tipps für den Therapieerfolg. U. a. mit Expertenvideos zum Thema "Abheilung der Darmschleimhaut" und einem "CED-Test".

- Infos sowie Kontakt zu Selbsthilfegruppen finden Betroffene zudem auf der Seite der Österreichischen Morbus Crohn/Colitis ulcerosa Vereinigung unter www.oemccv.at

- Verein Darm Plus: Ziel der CED Initiative Österreich ist u. a. Aufklärung und Bewusstseinsbildung. www.darmplus.at

- Helpline, umfangreiches Wissen u. m. unter ced-kompass.at

Info Lebensstil:

Achtsam ernähren:
- Betroffene sollten während eines akuten Schubes auf ausreichende Wasserzufuhr (Anm.: Mineralwasser ohne Kohlensäure) achten, da Durchfälle den Körper entwässern. Auf Kaffee sollte verzichtet werden, da er die Verdauung anregt. Expertin Doz. Dr. Sieglinde Reinisch rät zu isotonischen Getränken. Erlaubt sind weiters säurearme Obstsäfte (Apfel) und milde Tees. Säurehaltige Säfte (Orange, Grapefruit), kohlensäurereiches Wasser, Eisgekühltes und Alkohol werden eher schlecht vertragen.
- Die Ernährung in schubfreien Zeiten ist im Idealfall ausgewogen sowie frisch und schonend zubereitet. Es gibt keine spezielle CED-Diät. Patient:innen - sofern von Ärzt:innen nicht anders verordnet -dürfen alles essen. Während eines Schubes muss die Ernährung jedoch meist individuell angepasst werden.

Entspannung finden: Die Krankheit wird zwar nicht durch Stress verursacht, sie löst jedoch Stress aus, was Symptome verschlimmern kann. Yoga &Co. tragen zu einem besseren Umgang mit der Situation bei.

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Die neuen Therapien

Wird Colitis ulcerosa rechtzeitig und effizient behandelt, besteht die Chance, dass Patient:innen ein weitgehend normales Leben führen können. Die Expertin klärt auf:

Eine Colitis ulcerosa kann derzeit noch nicht ursächlich behandelt werden, da man den Grund der Entstehung noch nicht kennt. Innovative Medikamente sind jedoch in der Lage - sofern sie frühzeitig und richtig eingenommen werden - die angegriffene Darmschleimhaut zu regenerieren, weitere Krankheitsschübe zu verhindern und die chronische Krankheitsaktivität langfristig einzudämmen. Ziel einer Therapie ist die vollständige Abheilung der Darmschleimhaut, die zu einem Wiedergewinn und Erhalt der Lebensqualität führt. CED-Expertin Priv.-Doz. Dr. Sieglinde Reinisch, FÄ für Innere Medizin, Gastroenterologie und Hepatologie, gibt im Interview Einblick in State-of-the-Art-Therapiemethoden.

Die Auswahl der Medikamente richtet sich nach dem Grad des Entzündungsgeschehens. Welche Präparate kommen erfolgreich bei einem leichten Krankheitsverlauf zum Einsatz?
Priv..-Doz. DR. Sieglinde Reinisch: Wurde bei der Patientin, dem Patienten nur eine leichte Entzündung im Dickdarm diagnostiziert, kommen die 5-ASA-Präparate, auch Aminosalizylate genannt, zum Einsatz. Es gibt sie unter anderem in Tabletten- oder Zäpfchenform. Sie sind entzündungshemmend und greifen nicht unterdrückend in das Immunsystem ein. Die Medikamente werden während eines Schubes verabreicht.

Welche Optionen gibt es, wenn das schwach entzündungshemmende Medikament nicht ausreicht?
Doz. Reinisch: Lange war die Gabe von Kortison die Standardbehandlung. Es steht immer noch zur Verfügung, man rückt jedoch nach Möglichkeit von einer Gabe ab. Denn ob der Vielzahl an Nebenwirkungen im gesamten Körper sollte es nicht dauerhaft eingesetzt werden. Für die dauerhafte Gabe stehen mittlerweile zielgerichtetere Präparate zur Verfügung: die Biologika sowie neue Substanzen namens "Kleine Moleküle"(Anm.:"Small Molecules").

Was wirkt wie? Und wann wird welches Medikament eingesetzt?
Doz. Reinisch: Bei einem mittelschweren Schub einer Colitis ulcerosa können sowohl Biologika als auch "Kleine Moleküle" eingesetzt werden. Beide sind in der Lage, die Entzündung einzudämmen. Sie greifen allerdings auf unterschiedliche Weise ins Immunsystem ein. Biologika, im Labor hergestellte Antikörper, blockieren bestimmte entzündungsfördernde Botenstoffe. Zu der Gruppe der "Kleinen Moleküle" gehören die sogenannten JAK-Inhibitoren. Sie wirken innerhalb der Zelle und unterbrechen dort den Signalweg, der die Entzündung fördert.

Was sind die Vor- und Nachteile?
Doz. Reinisch: Die "Kleinen Moleküle" haben den Vorteil, dass die Wirkung rasch, sprich nach ein paar Tagen, einsetzt. Biologika brauchen etwas länger, bis die vollständige Wirkung da ist. Nachteil beider Medikamente: sie wirken -anders als die 5-ASA-Präparate - auf das Immunsystem ein, wodurch das Risiko für Infekte steigen kann.

Sind die Medikamente für alle Patient: innen geeignet?
Doz. Reinisch: Immer wenn man Medikamente einsetzt, die in das Immunsystem eingreifen, sprich die bestimmte Stellen im Immunsystem blockieren, müssen Voruntersuchungen gemacht werden. Es gilt vorab durch Blut- und Stuhluntersuchungen sowie Lungenröntgen Infektionen wie Hepatitis und latente Tuberkulose auszuschließen. Passen die Ergebnisse, so kann man mit der Therapie beginnen.

Wie werden sie verabreicht?
Doz. Reinisch: Die "Kleinen Moleküle" sind orale Medikamente, was sehr einfach in der Handhabung ist. Sie müssen nicht gekühlt werden und werden täglich geschluckt. Die Biologika-Therapie wird nur in Form von Injektionen (Anm.: zuhause mittels Pen alle zwei bis zwölf Wochen, abhängig vom Präparat) und Infusionen bei Ärzt:innen angeboten. Besonders wichtig für einen Erfolg ist die Therapietreue - also die regelmäßige Verabreichung und Einnahme der Präparate -sowie auch ein regelmäßiges Monitoring (Anm.: Stuhlund Blutuntersuchungen) durch die Behandler. Die Medikamente sollten nicht abgesetzt werden, auch nicht, wenn eine Besserung der Symptome eingetreten ist.

Welche Veränderungen werden als Erfolg gewertet?
Doz. Reinisch:
Es zählt nicht nur, dass es den Patient:innen gut geht, auch die Laborwerte sind wichtig. Mit einer Stuhluntersuchung, dem fäkalen Calprotectin, können wir mittlerweile erkennen, ob noch eine Entzündung im Dickdarm stattfindet oder ob die Schleimhaut bereits abgeheilt ist. Wenn die Darmschleimhaut abgeheilt ist, wissen wir, dass die Patientin, der Patient weniger oft Schübe entwickeln wird, weniger häufig im Krankenhaus behandelt werden muss und sich das generelle Wohlbefinden verbessert.

Lassen sich durch die Medikamente Komplikationen, die bis zur Darmentfernung und künstlichem Darmausgang führen können, vermeiden?
Doz. Reinisch:
Zu hundert Prozent vermeiden kann man Komplikationen nie. Wobei man sagen kann, dass mit den neuen Medikamenten das Risiko einer Dickdarmentfernung gesunken ist. Wichtig ist jedoch, dass bei Beschwerdebeginn rasch die Diagnose gestellt und rasch behandelt wird. Je rascher die Darmschleimhaut abheilt, desto besser geht es Patient:innen.

  

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