Medizin

Innovative Krebstherapie zu Hause

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Hälfte der Spitalsbesuche für Infusionsbehandlung bei Patienten mit Multiplem Myelom könnte wegfallen.

Die Krebstherapie wird in Österreich fast ausschließlich im Spital durchgeführt. Das bietet Qualitätsvorteile, bringt aber viele Ambulanz- und Tagesklinik-Besuche der Patienten mit sich. Ein vom US-Pharmakonzern Amgen unterstütztes Modell in Tirol könnte eventuell eine Alternative für Patienten mit Multiplem Myelom darstellen, hieß es Dienstagabend bei einem Hintergrundgespräch in Wien.

Pilotprojekt

Bei dem neuen Pilotprojekt geht es um die langfristige Behandlung von Patienten mit einem Multiplen Myelom. "Wir können die Krankheit noch nicht heilen. Die Lebenserwartung der Patienten lag in den 1980er-Jahren bei zwei bis drei Jahren, heute bei acht bis zehn Jahren", sagte der Innsbrucker Onkologe Günther Gastl.

Wesentlich dazu beigetragen haben neue Medikamente. Sie erlauben eine wirksame Therapie auch noch nach ein oder zwei Rückfällen. Zu diesen Arzneimitteln gehört auch ein Proteasom-Inhibitor Carfilzomib, der als sogenannte Second-Line-Therapie nach Rückfällen zugelassen worden ist. Die Behandlung erfolgt aber in Form von Infusionen. Gastl sagte: "Das sind 96 Therapietage für die Patienten."

Speziell geschulte diplomierte Pflegekraft

Mit Unterstützung des Pharmakonzerns im Rahmen von dessen "Value Based Healthcare"-Projekts wurde deshalb ein System organisiert, bei dem die Therapie im ersten Monat noch unter Aufsicht der Ärzte an der Innsbrucker Universitätsklinik erfolgt. Das ist dann auch jeweils am ersten Tag jedes zwei Tage umfassenden Therapiezyklus (insgesamt 18) mit dem Arzneimittel der Fall. Am zweiten Tag, an dem eine Infusion erfolgen soll, geschieht dies aber durch eine speziell geschulte diplomierte Pflegekraft bei dem Patienten zu Hause. Zusätzlich gibt es via Leih-Tablet eine ständige Kommunikationsschiene zwischen dem Kranken und der Klinik. "Wir hoffen damit, den Patienten etwa die Hälfte der Spitalsbesuche für die Therapie zu ersparen", betonte Gastl. Der Pharmakonzern bezahlt die Kommunikations-Infrastruktur sowie die Kosten für die diplomierte Pflegekraft (auch Mietauto, Versicherung etc.).

Wirtschaftlicher Aspekt

In einem Forschungsprojekt soll begleitend auch der wirtschaftliche Aspekt eines solchen Systems für das Gesundheitswesen untersucht werden. Weniger Spitalsbesuche sollten Kosten reduzieren helfen und gleichzeitig die Qualität der medizinischen Versorgung von onkologischen Patienten auch außerhalb des Krankenhauses auf dem Niveau des spezialisierten Zentrums halten.

Diskussionen in der Vergangenheit

In der Vergangenheit hat es in Österreich regelmäßig harte Diskussionen gegeben, ob man onkologische Therapien auch außerhalb der Krankenhäuser anbieten sollte. Die Krankenkassen fürchteten dabei aber auch die Übernahme der Kosten, die sonst beim Spitalsträger entstehen. Rund um das Projekt gab es bereits Gespräche mit der Tiroler Gebietskrankenkasse, ob man bei einem Erfolg das System eventuell dann in den Regelbetrieb überführen könnte. Gastl schätzte, dass man insgesamt etwa ein Drittel der onkologischen Therapien in ähnlicher Form wie bei dem Projekt abwickeln könnte. Auch am Wiener AKH wird derzeit der Aufbau eines solchen Systems geplant.

Amgen-Österreich-Abteilungsleiter für "Value, Access & Policy, Christoph Eder, betonte die Notwendigkeit, auch im österreichischen Gesundheitswesen zu völlig neuen Lösungen mit einer ganzheitlichen Nutzenbewertung innovativer Therapien zu kommen. Vor der Preisentwicklung bei Arzneimitteln sollte sich niemand fürchten. Der Anteil der Ausgaben für Arzneimittel an den gesamten Gesundheitsausgaben sei seit 2005 sehr stabil und betrage zwischen zwölf und 13 Prozent. "Die Ausgaben für Arzneimittel sind im vergangenen Jahr (Aufwendungen der Krankenkassen für Medikamente; Anm.) um 2,9 Prozent gestiegen. Die Arzneimittelpreise liegen in Österreich unter dem EU-15-Durchschnitt."

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