Wachrüttelnde Studie

So viele Österreicher pflegen Angehörige

16.08.2018

Experten fordern mehr Wertschätzung, Unterstützung und Geldleistung

Zur Vollversion des Artikels

This browser does not support the video element.

Zur Vollversion des Artikels

Rund 947.000 Menschen sind in Österreich als Angehörige in die Pflege und Betreuung eines anderen Menschen involviert. Diese mehr als zehn Prozent der Bevölkerung brauchen Wertschätzung, Unterstützungsangebote und Beratung, geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie im Auftrag des Sozialministeriums hervor. Auch eine Valorisierung des Pflegegelds und höhere Zuschüsse werden gefordert.

Pflege ist "weiblich"
Laut der 283 Seiten dicken Studie, die vom Institut für Pflegewissenschaft in Kooperation mit dem Institut für Soziologie der Uni Wien durchgeführt wurde, ist die Pflege durch Angehörige nach wie vor "weiblich". In der häuslichen Pflege liegt der Frauenanteil bei 73 Prozent, in der stationären Langzeitpflege bei 63 Prozent. Zu Hause ist das Belastungsempfinden der Angehörigen deutlich höher als im stationären Setting. Häufig betreffe die Pflege die gesamte Familie.

Große psychische und finanzielle Belastung
"Darüber hinaus wird deutlich, dass sich pflegende Angehörige in beiden Pflege- und Betreuungssettings häufig Sorgen machen, häufig das Gefühl haben, dass ihnen alles zu viel wird und sich häufig alleine gelassen fühlen", heißt es in der Studie: "Zu nicht unwesentlichen Anteilen leiden auch die Beziehung und der Kontakt zu nahestehenden Personen sowie die eigene Gesundheit durch die Pflege bzw. Betreuung."

Bei den Wünschen der Angehörigen steht bei der Pflege zu Hause (sie betrifft rund 801.000 Pflegende) der finanzielle Aspekt, eine bessere Unterstützung bei der Bewältigung des Alltags sowie die Möglichkeit einer Auszeit im Vordergrund. Bei der stationären Betreuung wünschen sich die Angehörigen (hier geht es österreichweit um 146.000 Personen) am häufigsten eine Personalaufstockung sowie eine Verbesserung der konkreten Pflegeangebote.

Vereinbarkeit lässt zu wünschen übrig
Die Empfehlungen der Studienautoren: Die Angehörigen sollten als zentrale Gruppe wahrgenommen, wertgeschätzt und gestärkt werden. Es brauche für sie flexibel, kurzfristig und stundenweise abrufbare Angebote sowie ausreichende Beratung. Die Demenz als zentrale Herausforderung müsse weiter im Blick behalten, die Situation pflegebedürftiger Kinder stärker berücksichtigt werden.

Auch die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf müsse weiter gefördert werden. Verlangt werden zudem die Valorisierung des Pflegegelds in allen Pflegestufen sowie höhere Zuschüsse für vorhandene Dienste und Hilfsmittel.

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) betonte in einer Aussendung, dass pflegenden Angehörigen Respekt, Anerkennung und Wertschätzung gebühre. "Zweifelsohne haben wir in Österreich ein sehr gutes System der Pflegevorsorge. Dennoch dürfen wir uns nicht darauf ausruhen und müssen dieses stetig weiterentwickeln", verwies sie auf das türkis-blaue Regierungsprogramm. "Wir werden die Ergebnisse der Studie nun genau analysieren und prüfen bereits erste, kurzfristig umsetzbare Maßnahmen zur Beratung und Sensibilisierung", so die Sozialministerin.

Zur Vollversion des Artikels