Eiszeit für Eizellen

Familienplanung auf Eis

11.11.2016

„Social Freezing“ – was Sie darüber wissen sollten

Zur Vollversion des Artikels
© Getty Images
Zur Vollversion des Artikels

Karriere, dann Kind – immer mehr Frauen konservieren ihren Kinderwunsch und lassen ihre Eizellen einfrieren. Eine Baby-Garantie ist „Social Freezing“ – das oft ethisch-moralisch hinterfragt wird – dabei keineswegs. Was Sie darüber wissen sollten und warum es in Österreich verboten ist.

Ein Baby zum perfekten Zeitpunkt?

Druck rausnehmen, mehr Zeit haben und in Ruhe die Karriere angehen. Auf ein Kind wollen die meisten Frauen hierzulande dennoch nicht verzichten, auch wenn die österreichischen Mütter in den letzten Jahren immer älter wurden. Doch mit zunehmendem Alter nimmt die Qualität der Eizellen stetig ab – eine Schwangerschaft stellt ein erhöhtes Risiko für Entwicklungsstörungen oder gar genetische Defekte des Kindes dar. Das ideale Alter, um Mutter zu werden, ist, Statistiken zufolge, Mitte 20. Vielen Frauen fehlt es zu diesem Zeitpunkt der Selbstfindungsphase an Zeit und oft auch noch am richtigen Partner. Deshalb nehmen immer mehr Frauen ihr Schicksal selbst in die Hand, wenn es um Sachen Familienplanung geht. Ein Baby zum perfekten Zeitpunkt? Dank Eizelle aus dem Tiefkühlschrank angeblich kein Problem. „Social Freezing“ nennt sich die umstrittene, in Österreich verbotene Methode. Wir
haben den Reproduktionsexperten Dr. Alexander Just zu diesem Thema befragt.

In Österreich nicht erlaubt

Die Eizellen einfrieren, um sie später,  wenn der Zeitpunkt optimal erscheint,  auftauen und befruchten zu lassen, ehe sie wieder in die Gebärmutter reimplantiert werden? Für viele ein umstrittenes Thema, das die ethisch-moralische Frage aufwirft, ob es überhaupt vertretbar ist, derart in den Prozess des Kinderkriegens einzugreifen. Eine Baby-Garantie ist die Schockfrosting-Methode dabei keineswegs: Von zehn Eizellen überleben im Schnitt acht das Auftauen, befruchtet werden davon 60 bis 70 Prozent, wovon es gerademal bei acht bis zehn Prozent zu einer erfolgreichen Einnistung in die Gebärmutter kommt. Hierzulande ist die Kryokonservierung, wie die Methode im medizinischen Fachjargon heißt, nicht erlaubt. Unbefruchtete Eizellen dürfen nur in Ausnahmefällen bei medizinischer Indikation – etwa bei einer Frau, die vor einer Strahlen- oder Chemotherapie steht –, eingefroren werden.
Ursprünglich wurde das Einfrieren von Eizellen genau zu diesem Zwecke entwickelt. Die individuelle Bestimmung der Familienplanung zum gewünschten Zeitpunkt war nicht die Intention.

Hilfe in Nachbarländern

Da der Eingriff in Österreich verboten ist,
suchen sich viele Frauen in Nachbarländern, deren Gesetzeslage lockerer ist, Hilfe. Hauptanlaufstelle sind deutsche reproduktionsmedizinische Kliniken. Dr. Alexander Just, Reproduktionsmediziner und Gründer des Juno Instituts, bildet hier eine Schnittstelle. Der von ihm entwickelte Juno-Test gibt seinen Patientinnen frühzeitig langfristig Aufschluss über deren Eizellenreserve. Liegt eine Verminderung vor, denkt er gemeinsam mit ihnen über „Social Freezing“ nach, bespricht etwaige Vor- und Nachteile und informiert dann über Anlaufstellen in Deutschland.

Langzeitdaten fehlen

Mit dem Zeitpunkt des Schockfrostens, so vermutet man, wird die biologische Uhr der Zelle angehalten: Lässt sich die Frau die Eizelle zu einem späteren Zeitpunkt reimplantieren, ist sie zwar gealtert, aber die Eizelle entspricht dem biologischen Entnahmealter. Zu bedenken gilt allerdings, dass die Schwangerschaft einer Frau Mitte 20 komplikationsloser verläuft als jene einer Frau jenseits der 40, trotz der jungen Eizelle. Ob es Risiken für die so gezeugten Kinder gibt, ist bislang nicht bekannt – hier fehlt es schlicht an langfristigen validen Daten. Mit
einer Legalisierung des „Social Freezing“ hierzulande ist derzeit nicht zu rechnen.

Zur Vollversion des Artikels