"Schwarzer Tod"

Wo die Pest noch heute lauert

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Warum es so schwierig ist, die Pest auszurotten

Erst seit gut 120 Jahren ist der Pesterreger bekannt. Der Forscher Alexandre Yersin, geboren in der französischen Schweiz, machte das Bakterium 1894 als Ursache der Erkrankung aus. Nach dem Arzt ist es benannt: Yersinia pestis. Auch zwei andere Wissenschafter isolierten den Erreger in dem Jahr. Durch diese Erkenntnis und die Einführung von Antibiotika konnte die Pest zurückgedrängt werden.

Aktuelle Gefahren
Sie wirkt wie ein Gespenst des Mittelalters: die Pest. Von 1347 und 1353 raffte der "Schwarze Tod" in Europa zig Millionen Menschen dahin. Damals soll etwa ein Drittel, manche sprechen von der Hälfte, der Bevölkerung gestorben sein. Doch die Seuche ist eine aktuelle Gefahr, besonders heftig wütet sie in Madagaskar.

Wie wahrscheinlich ist der Ausbruch von Pest in Europa? 1/4
Gefahr ist gering
Ein Ausbruch der Pest in Europa ist extrem unwahrscheinlich. Theoretisch könnten mit dem Bakterium Yersinia pestis infizierte Ratten und Flöhe etwa auf Frachtschiffen zu uns gelangen. Doch selbst für den kaum zu erwartenden Fall, dass es dadurch zu einzelnen Beulenpest-Fällen oder Lungenpest-Erkrankungen käme, wäre die Gefahr gering, erläutert Eric Bertherat. Er ist Pest-Spezialist der Weltgesundheitsorganisation WHO, die ihren Hauptsitz in der Schweiz hat.

Ideale Bedingungen für die Entstehung von Pest
Madagaskar - Der Inselstaat im Indischen Ozean, gelegen am südöstlichen Zipfel Afrikas, ist weltweit am stärksten betroffen. Eine Reise durch die Pest-Gebiete zeigt, dass viele Faktoren ihr Fortbestehen begünstigen. Die Menschen auf dem Land sind oft arm und leben in teils unhygienischen Hütten. Ratten sind nie weit - mit den Nagern kommt das Pest-Bakterium Yersinia pestis.

"Die Pest auszurotten ist schwierig"
- so die Leiterin der Pest-Forschung des Instituts Pasteur in der Hauptstadt Antananarivo, Minoarisoa Rajerison. "Aber wir können die Zahl der Krankheitsfälle weiter reduzieren", hofft die Forscherin. Seit 2010 zählte die Weltgesundheitsorganisation WHO landesweit knapp 500 Pest-Tote.

Von der Hauptstadt aus fährt man etwa sechs Stunden bis nach Ambatofotsy Est. Die letzten drei Stunden holpert der Jeep über Feldwege, die zur Regenzeit unpassierbar werden können. Ambatofotsy Est ist typisch für betroffene Dörfer. Die Menschen haben keinen elektrischen Strom. In den Häusern, meist aus Lehm, fehlt fließendes Wasser. Ein Fußmarsch zum nächsten Arzt dauert rund drei Stunden.

Hier arbeitete Jullienne Rasolonirina im November des vergangenen Jahres auf dem Feld der Familie. Dort wachsen Maniok und Mais. "Als sie nach Hause kam, hatte sie plötzlich starkes Kopfweh. Dann war ihr linker Arm wie gelähmt", erinnert sich ihr Mann Jean Claude Andrianaivofenomanana. Das Alarm-Zeichen erkannte er nicht: die schmerzhafte Beule unter ihrer Achsel. Erst drei Tage später brachte er seine Frau zum Arzt. Sie starb. Seither muss der 38-Jährige die Felder alleine bestellen, um seine fünf Kinder zu versorgen. "Wie man sich mit der Pest infiziert, habe ich nicht verstanden", sagt er.

So erfolgt die Infektion mit der Pest
Einfach erklärt, fängt es mit infizierten Ratten und ihren Flöhen an. Die Insekten nisten sich bei Ratten ein, etwa im Fell. Sie können selbst Träger des Pest-Bakteriums werden. Der Erreger tötet die Nager, dann suchen sich die Flöhe einen neuen Wirt. Wenn ein Mensch in der Nähe ist, springen sie auf. Sie beißen und übertragen den Erreger.

Nach einer Inkubationszeit - der Phase zwischen Ansteckung und Anzeichen - von bis zu sieben Tagen zeigt der Kranke Symptome wie bei Grippe: Fieber, Frösteln, Kopf- und Gliederschmerzen, Übelkeit. Wenn ein Flohbiss zu einer Beulenpest führt, schwellen Lymphknoten zu dicken Beulen an. Sie können zehn Zentimeter Durchmesser haben. "Die Beulen sind extrem schmerzhaft. Wenn man sie berührt, kann sich der Patient kaum vom Schmerz erholen", schildert der Arzt Solofo Charles Alain Andrianiaina in der Stadt Tsiroanomandidy.

Antibiotika als Rettung
Ohne Antibiotika-Behandlung sterben bis zu sechs von zehn Patienten. Doch viele Kranke in Madagaskar gehen zuerst zum traditionellen Heiler. "Der Heiler massiert dann den schmerzenden Lymphknoten und verbreitet die Bakterien damit im ganzen Körper", sagt der Andrianiaina. Wenn die Patienten endlich kämen, sei es meist zu spät.

Wird aus einem Dorf ein Pest-Fall gemeldet, rücken die Gesundheitsbehörden an, um Häuser zu desinfizieren und mit Insektizid einzusprühen. Nahe Angehörige müssen vorsorglich Antibiotika nehmen. Pest-Leichen werden mit einer Chlorlösung gewaschen und mit Kalk eingerieben. Denn selbst die Toten können die Infektion weitergeben.

Anti-Ratten-Kampagnen
Das Institut Pasteur schickt Trupps zu Anti-Ratten-Kampagnen los. Mitarbeiter bringen an der Außenwand jedes Hauses eine Rattenfalle aus Holz an: mit Rattengift in der Mitte und außen herum einem Insektizid, das Flöhe tötet.

Die meisten Opfer der Pest in Madagaskar sind Kinder. Sie spielen in den Feldern - in der Nähe toter Ratten. So ging es Ende 2014 auch Randriamaharitra aus dem Dorf Manoiadanana. Die damals Neunjährige bekam hohes Fieber und Halluzinationen. "Ich habe große Angst gehabt", sagt das Mädchen. "Die Beule hat so wehgetan." Doch sie bekam die richtige Hilfe, eine Antibiotika-Kur machte sie gesund.

Die gefährlichste Variante der Pest ist dabei selbst in Madagaskar selten: die Lungenpest. Sie ist leichter übertragbar. Und sie kann innerhalb von 48 Stunden nach Ausbruch zum Tod führen. Ein Patient, bei dem der Erreger in der Lunge sitzt, kann die Seuche via Tröpfcheninfektion schnell ausbreiten, etwa wie das Grippe-Virus.

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