"Keine Gefahr"

Tuberkulose - Mehr Erkrankungen in Österreich

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Experten: Infektionsrisiko nur bei engem Kontakt

Die Zahl der neu diagnostizierten Tuberkulose-Erkrankungen in Österreich hat im Jahr 2015 laut endgültigen Zahlen 583 betragen. 2016 waren es hingegen laut vorläufigen Daten 644. Ob dieser Anstieg mit den angekommenen Flüchtlingen im Zusammenhang steht, ist nicht endgültig geklärt. Eine Gefahr für die Bevölkerung besteht nicht, stellten am Dienstag Experten bei einer Pressekonferenz in Wien fest.

Kein Grund zur Sorge

Die Frage, ob sich die Österreicher nun plötzlich vor der Krankheit der Armen, der Kriegsopfer und der Flüchtlinge fürchten müssten, beantwortete Alexander Indra, jener Experte der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) dessen Team bei jedem Krankheitsfall eine genaue Gen-Sequenzierung des Erregers durchführt, so: "Nein. Die Tuberkulose ist eine Erkrankung, die nur bei engstem Kontakt übertragen wird." Niemand müsse sich zum Beispiel fürchten, auf offener Straße oder normalen sozialen Kontakten etc. infiziert und später vielleicht krank zu werden.

Weltweit ist noch immer ein Drittel der Menschen mit TB-Erregern infiziert. "Pro Jahr werden zehn Millionen Menschen krank. Etwa zwei Millionen Menschen sterben an Tuberkulose", sagte Meinhard Kneussl, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖPG). In der EU gab es 2015 laut endgültigen Zahlen 60.195 neue TB-Fälle.

Ehemalige "Wiener Krankheit" (Morbus Viennensis)

Langfristig zeigt die Tendenz bei der Tuberkulose in Österreich deutlich nach unten. Die ehemals "Wiener Krankheit" (Morbus Viennensis) genannte Seuche forderte beispielsweise in den Jahren 1881 bis 1914 pro Jahr auf dem Gebiet des heutigen Bundesstaates Österreich 20.000 Opfer. Nach dem Ersten Weltkrieg waren es pro Jahr noch rund 10.000 Tote. Im Jahr 2002 gab es in Österreich 1.077 neu Erkrankte und 111 Tote. 1987 betrug die Neuerkrankungsrate in Österreich noch knapp 19 Fälle pro 100.000 Einwohner, 2016 lag sie bei 7,3 Erkrankungen je 100.000 Einwohner. Im Jahr zuvor war diese Rate beim bisherigen Tiefststand bei 6,7 pro 100.000 Menschen gewesen.

Wichtig: Frühzeitige Diagnose und effektive Behandlung

2016 wurden in Österreich 14 Fälle multiresistenter Tuberkulose registriert. Dies bedeutet, dass die Erreger zumindest gegen zwei der Standard-Medikamente unempfindlich sind. 2015 waren es elf Fälle gewesen. Extrem resistente Erreger wurden 2016 bei zwei Patienten entdeckt, im Jahr zuvor bei einem Erkrankten. Die insgesamt geringe Zahl dieser Form der TB-Erkrankung lässt kaum Aussagen zum Trend zu.

Die zwei wichtigsten Punkte bei der Kontrolle der Erkrankung sind: frühzeitige Diagnose und effektive Behandlung. Beides sind auch Anliegen im novellierten Tuberkulose-Gesetz. "Die Diagnose über eine Keimkultur dauerte früher acht bis zwölf Wochen. Heute ist das im besten Fall binnen zwei Stunden möglich", sagte Rudolf Rumetshofer, Spezialist von der 2. Internen Lungenabteilung am Otto Wagner Spital in Wien. Normalerweise dauert die Therapie mit einer Vierfach-Kombination an Arzneimitteln sechs Monate.

Wie sehr Vertriebene, Flüchtlinge, Migranten, Obdachlose international durch die Tuberkulose gefährdet sind, konnte das AGES-Labor auch mit einem Befund eines Flüchtlings aus Somalia belegen: Er hatte sich offenbar in einem Lager in Libyen infiziert. In Österreich muss bei der medizinischen Erstuntersuchung von Asylwerbern auch ein Lungenröntgen durchgeführt werden. Je intensiver die Tests, desto mehr Erkrankungen dürften entdeckt werden. Schließlich bedeutet das für die Betroffenen aber auch die Ausheilung einer lebensgefährlichen Krankheit - und für andere Menschen die Elimination des Ansteckungsrisikos.

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