"Therapie aktiv"

Österreichisches Diabetes-Programm im Aufwind

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Nach zehn Jahren - "Therapie Aktiv" jetzt in allen Bundesländern - Ausbau weiterhin notwendig

Vor zehn Jahren ist in Österreich ein strukturiertes Betreuungsprogramm für Typ-2-Diabetiker in Arztpraxen durch die Krankenkassen gestartet worden. Nun scheint es stärker als am Beginn an Fahrt zu gewinnen. 56.460 Patienten waren Ende vergangenen Jahres in dem Programm, hieß es am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien.

Im Rahmen von "Therapie Aktiv - Diabetes im Griff" sollen Zuckerkranke langfristig im Rahmen eines strukturierten Disease Management beim Hausarzt versorgt werden. Das bedeutet regelmäßige Untersuchungen und Kontrolltermine (z.B. alle drei Monate), Schulungen und zum Beispiel Zielvereinbarungen, was Lebensstilfaktoren wie Gewicht, Tabakkonsum und ähnliches betrifft.

Die Zahl der für das Programm infrage kommenden Patienten ist groß. "Wir haben in Österreich rund 600.000 von Diabetes Betroffene", sagte der Wiener Diabetologe Thomas Wascher. Doch nur ein Teil wird wirklich behandelt, die Dunkelziffer sei hoch, erklärte der Experte.

Patientenschulungen und regelmäßige Kontrollen samt Terminvergaben dafür sowie kontinuierliche Information der teilnehmenden Ärzte sollen vor allem helfen, Diabetes-Spätschäden vorzubeugen. Eine wissenschaftliche Studie der MedUni Graz hat vor einiger Zeit ergeben, dass Typ-2-Diabetiker in dem Programm eine um 35 Prozent niedrigere Mortalität sowie um zehn Prozent weniger Folgeschäden aufweisen. "Die Gesamtkosten sinken durch stationäre Einsparungen (weniger oder kürzere Spitalsaufenthalte; Anm.) um elf Prozent", sagte Reinhold Pongratz, Ärztlicher Leiter der steirischen Gebietskrankenkasse.

Allerdings konnte das Programm in den vergangenen zehn Jahren nur schrittweise ausgerollt werden. Vergangenes Jahr kam als vorletztes Bundesland Kärnten hinzu. Seit Anfang dieses Jahres gibt es einen Pilotversuch in Tirol. Insgesamt befanden sich Ende 2016 exakt 56.460 Patienten in dieser Betreuungsform. 1.483 Ärzte nahmen mit ihren Ordinationen teil. 2016 allein stieg die Zahl der teilnehmenden Ärzte und der Patienten um je knapp 20 Prozent. 23 Prozent der Typ-2-Diabetiker, die auf Krankenkassenkosten ärztlich versorgt werden, dürften "Therapie Aktiv" derzeit nutzen.

Trotzdem gibt es sprichwörtlich noch deutliche Verbesserungsmöglichkeiten. Eine IFES-Umfrage unter teilnehmenden und nicht teilnehmenden Ärzten zeigte, dass der bürokratische Aufwand von den Medizinern teilweise gefürchtet wird. Das ist jedoch bei denjenigen Hausärzten, welche das Programm etabliert haben, viel seltener der Fall.

Grundsätzlich ließe sich das System in die Ordinationssoftware integrieren. Das bedeutet aber auch Kosten und ist laut Susanne Rabady von der Österreichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (ÖGAM) nicht immer ganz einfach. "Das Neue (beim Einstieg; Anm.) ist das Problem", sagte sie. Notwendig sei auf jeden Fall eine organisatorische Umstellung im Ordinationsalltag und die Einbindung des nicht-ärztlichen Personals. Für die Erstuntersuchung bekommen die Ärzte im Rahmen des Programms zwischen etwa 50 bis 60 Euro, pro Quartal und betreutem Patienten zwischen 25 und 30 Euro.

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