Zuckerkrank

Mein Leben mit Diabetes

20.03.2015

600.000 Menschen in Österreich sind an einer Form von Diabetes erkrankt.

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Heißhungerattacken oder sehr wenig Appetit, Müdigkeit, Gereiztheit, häufiges Wasserlassen und starker Durst - nur wenige Menschen würden diese Symptome mit Diabetes in Verbindung bringen. Erst wenn der Blutzucker sehr hohe Werte erreicht, wird Diabetes spürbar.

Diabetes entwickelt sich manchmal so langsam, dass man als Betroffener gar nicht erst merkt, dass man immer müder, kraftloser oder grantiger wird.

Was macht der Arzt?
Wenn Sie mit oben beschriebenen Beschwerden zum Arzt kommen, wird eine Blutabnahme veranlasst. Um die Diagnose Diabetes mellitus zu stellen, wird der Zuckergehalt im Blut bestimmt. Liegt die Blutglukosekonzentration nüchtern über 100 mg/dl, besteht ein Vorstadium von Diabetes (gestörte Nüchternglukose) oder bereits Typ-2-Diabetes.

Auch die Harnzuckeruntersuchung kommt als Früherkennungsmethode zum Einsatz. Hier wird mittels Urinstreifentest festgestellt, ob sich zu viel Glukose im Urin befindet. Lässt sich im Urin Zucker nachweisen, ist das meist ein deutlicher Hinweis auf Diabetes.

Da Insulinmangel die Ursache des Diabetes Typ 1 ist, kann diese Erkrankung nur mit Insulin behandelt werden. Bei Typ-2-Diabetes werden vor allem eine Ernährungsumstellung und regelmäßige Bewegung geraten. Wenn diese Maßnahmen ohne Erfolg bleiben und der Blutzuckerspiegel steigt, wird auch hier Insulin verabreicht. Je früher die Therapie einsetzt, umso besser stehen die Chancen auf ein normales und beschwerdefreies Leben. Diabetes kann nicht vollkommen geheilt werden, jedoch lassen sich die Werte bis zum Normbereich senken. Während Diabetes Typ 1 seltener vorkommt und meist junge Menschen betrifft, die nach der Diagnose eine lebenslange Insulintherapie brauchen, lässt sich Diabetes Typ 2 durch einen gesunden Lebensstil vermeiden – und auch behandeln.

„Insulin-unabhängiger Diabetes“
Typ-2-Diabetiker müssen nicht von Anfang an Insulin spritzen – daher auch der Begriff „insulinunabhängiger Diabetes“. Kommt es zu einem Versagen der insulinproduzierenden Zellen (meist drei bis 20 Jahre nach Ausbruch der Erkrankung), müssen aber auch hier Insulin-Spritzen zum Einsatz kommen. Der Zeitpunkt der Umstellung hängt vom Alter, Gewicht und natürlich vom Blutzucker ab.

Leben mit Diabetes
Für ein Leben mit Diabetes ist hohe Eigeninitiative gefragt, Information und das Wissen über die Vorgänge im Körper sind hier besonders wichtig. Betroffene sollten daher sogenannte Diabetes-Schulungen besuchen oder sich einer Selbsthilfegruppe anschließen, um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Ein insgesamt gesunder Lebensstil, viel Bewegung und regelmäßige Untersuchungen durch einen Arzt sollten selbstverständlich sein. So ist auch mit – oder trotz – Diabetes ein Leben mit hoher Qualität und mit Genuss möglich.

Diabetes-Austria-Gründer Peter Hopfinger im Talk

Wann wurde Diabetes bei Ihnen diagnostiziert?
Peter Hopfinger: Ich feiere heuer meinen 20. Geburtstag mit Insulin, aber als gut geschulter Patient ohne Spätfolgen. Das funktioniert heute gut.

Wie meistern Sie den Alltag mit der Erkrankung?
Hopfinger: Mein Aufwand für Diabetes (5-mal messen, 5-mal spritzen, Gewichtskontrolle und Blutdruckkontrolle) beträgt pro Tag nicht mehr als 30 Minuten. Allerdings habe ich bis an mein Lebensende keinen einzigen Tag Urlaub von Diabetes.

Welche Hürden begegnen Ihnen im Alltag und wie gehen Sie damit um?
Hopfinger: Ich persönlich habe keine Hürden erlebt, aber viele Betroffene erleben Probleme im Kindergarten, in der Schule, am Arbeitsplatz, beim Führerschein. Es gehen sogar Beziehungen in die Brüche.

Welchen Rat würden Sie anderen Betroffenen ans Herz legen?
Hopfinger:
Mein Rat: Diabetes ist ein unerwünschter Untermieter, der das Leben unerwartet betritt und es nie wieder verlässt. Wer nur unzureichend auf diese Erkrankung reagiert (Diabetes tut lange nicht weh) hat eine Garantie auf schlechte Lebensqualität (Herzinfarkt, Schlaganfall, Impotenz, Amputationen, Blindheit) und vorzeitigen Tod. Wer möglichst rasch lernt, mit Diabetes zu agieren, hat die gleiche Lebenserwartung wie gesunde Menschen.

Sie haben die größte Diabetes-Plattform Österreichs ins Leben gerufen. Wie kam es dazu?
Hopfinger: Als ich 1995 mit der Diagnose Diabetes konfrontiert wurde (ein später Typ 1, ein früher Typ 2 – obwohl ich schlank bin), gab es weder Google noch eine deutschsprachige Plattform. In Österreich waren damals nur 300.000 Menschen im Web. Was ich damals nicht fand, waren deutschsprachige Informationen zum Thema Diabetes. Mir war rasch klar, dass jeder Patient, der neu diagnostiziert wird, kostenlose, leicht verständliche Informationen über dieses komplexe Thema braucht – ein Vorgriff auf Gratis-Zeitungen. Meine Kollegin Veronika Kub und ich waren sehr stolz, als wir recht schnell 3.000 Besucher pro Monat auf den rasch konzipierten und ebenso flott programmierten ersten Websites zu Diabetes hatten (heute besuchen uns durchschnittlich rund 40.000 Menschen im Monat). Schon von Anfang an stellten sich auch die besten Diabetologen Österreichs als Experten zur Verfügung. Darüber hinaus aber entwickelten wir die Plattform wie ein Monatsmagazin mit Tagesaktualität. Mittlerweile haben wir zwei Bücher herausgebracht und mehrere journalistische Preise gewonnen.

Diabetes-Typ-1-Patienten Michelle Reiterer im Talk

Sie sind bereits Ihr ganzes Leben Diabetikerin. Was heißt das für Ihren Alltag?
Michelle Reiterer: Ich lebe nun seit 24 Jahren mit Typ-1-Diabetes. Das heißt, dass ich meinen Blutzucker viermal täglich kontrollieren muss. Ist er zu niedrig, muss ich Insulin spritzen. Während des Tages benötige ich ein schnell wirksames Insulin mit jeder Mahlzeit, angepasst an die Menge an Kohlenhydraten, die ich esse, und meinen Blutzucker. Während der Nacht brauche ich ein lang wirkendes Insulin.

Was können Sie sonst noch tun?
Reiterer:
Bewegung ist ein wichtiger Teil des Lebens mit Typ-1-Diabetes. Ich bevorzuge schwimmen. Vor jedem Work-out esse ich einen Snack, beispielsweise eine Handvoll Cracker, oder ich senke meine Insulinzufuhr, um einen zu niedrigen Insulinspiegel zu vermeiden. Deshalb habe ich auch immer Traubenzucker bei mir. Es ist für mich sehr wichtig, meine Gesundheit ständig im Auge zu behalten und vorbereitet zu sein, falls der Blutzucker absinkt.

Sie wirklen wie ein sehr positiv wirkender Mensch. Wie behalten Sie Ihre positive 
Einstellung?
Reiterer:
Diabetes ist ein wichtiger Bestandteil meines Lebens, aber ich lasse mein Leben sicher nicht von der Krankheit bestimmen. Ein Leben mit Diabetes Typ 1 erfordert natürlich ein hohes Maß an Arbeit, Information und Disziplin, aber es ist eine Erkrankung, die man gut managen kann, sobald man verstanden hat, wie der Körper auf bestimmte Lebensmittel reagiert. Man muss außerdem darüber Bescheid wissen, welche Menge an Insulin der Körper braucht, um richtig zu funktionieren.

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