Experten warnen

Defizite in der Gefäßmedizin

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Zentren für die Versorgung von Kranken mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit sollten geschaffen werden

Mangelnde sichere Daten und nur wenige echte Zentren für die Versorgung der Patienten mit Gefäßleiden exklusive Kardiologie und Neurologie prägen laut Experten das Bild in Österreich. Dabei könnte die Sterblichkeit von Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit drastisch gesenkt werden, hieß es am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien.

Schaufensterkrankheit

"Die periphere arterielle Verschlusskrankheit ("Schaufensterkrankheit"; pAVK) und ihre komplexen Stadien sind auf dem Vormarsch. Je fortgeschrittener die Erkrankung ist, desto höher ist die Mortalitäts- und Amputationsrate. An die 50 Prozent der Patienten sterben innerhalb eines Intervalls von vier Jahren", sagte Andrea Willfort-Ehringer, Leiterin des Katheterlabors der Gefäßspezialisten am Wiener AKH.

Symptome

Die periphere arterielle Verschlusskrankheit ist durch atherosklerotische Gefäßschäden und daraus folgende Mangeldurchblutung der betroffenen Körperregionen (speziell der Gliedmaßen) charakterisiert. Die Symptome umfassen Schmerzen, "offene Beine" und gehen bis hin zu akuten Gefäßverschlüssen. Die Erkrankung wird auch als "Schaufensterkrankheit" bezeichnet, da wiederkehrende Beinschmerzen beim Schaufensterbummel immer wieder zum Stehenbleiben zwingen.

Fakten

Um eine entsprechende Versorgung aufzubauen, müssten zunächst einmal harte Daten zu dem Problem vorliegen. Doch daran hapert es für Österreich. Die Expertin sagte: "In Deutschland spricht man von 60.000 Amputationen pro Jahr. (...) Für Österreich gibt es keine validen Daten." An sich müsste man von rund 6.000 Amputationen ausgehen. Die Statistik Austria verzeichne nur rund 2.400 Amputationen. Bedenklich seien auch folgende Daten aus Deutschland: Bei 40 Prozent der Patienten geht einer Amputation keine bildgebende Untersuchung oder ein Revaskularisierungsversuch voran. Damit müsste eigentlich der Schaden zumindest einmal bestimmt oder der Versuch unternommen werden, die Blutversorgung durch eine Katheterbehandlung etc. wieder herzustellen.

Mortalität der pAVK-Patienten ließe sich um 10 Prozent senken

Derzeit existieren in Österreich an den drei Universitätskliniken in Wien, Graz und Innsbruck als einzige Stellen personell und technisch vollständig ausgestattete Gefäßzentren, die mit Gefäßchirurgen, internistischen Gefäßspezialisten und Angiologie-Radiologen an sieben Tagen der Woche 24 Stunden verfügbar sind. Laut Gerit-Holger Schernthaner, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Internistische Angiologie, sieht der Entwurf zum neuen Österreichischen Strukturplan Gesundheit ein Zentrum pro 300.000 bis 500.000 Einwohner vor. Das wären 27 bis 30 Zentren, wobei man hier die Details noch ausverhandeln könne. Eines hätten wissenschaftliche Studien gezeigt: Die Mortalität der pAVK-Patienten innerhalb eines Zeitraums von vier bis sechs Jahren lässt sich an diesen Einrichtungen auf um die zehn Prozent senken, wie es am Wiener AKH der Fall ist. Grundbedingung für alle Planungen sollte aber in Österreich zumindest ein verpflichtendes Amputationsregister sein.

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