Experten-Infos zu Wirkung und „Nebenwirkung“

Covid-19: Was kann die Impfung?

04.01.2021

Die Sorge um die Sicherheit der neuen Covid-Impfstoffe ist in der Bevölkerung groß, doch viele der Vorurteile sind unbegründet. Warum „Impfreaktionen“ zu erwarten sind und mehr. 

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Auf Riesenfreude in der ­medizinischen Welt folgt etwas verhaltenerer Widerhall aus der Bevölkerung: Das Vertrauen in die neuen Impfstoffe ist Umfragen zufolge nicht allzu groß. Viele Menschen sorgen sich, die Vakzine seien unsicher, ­nebenwirkungsreich und zu wenig erprobt. Das neue Buch des Infektiologen Univ.-Prof. Dr. Herwig Kollaritsch (s. unten) will faktenbasiert aufklären und Nutzen gegen Risiko aufwiegen. 
 
RNA: Keine „neuen“ Vakzine 
Die noch relativ neue Technologie der RNA-Impfstoffe beschert immense Vorteile. Nur zwei davon sind die laut aktuellem Wissensstand ausgesprochen gute Schutzwirkung – die Hersteller BioNTech/Pfizer und Moderna geben eine Wirkung von rund 95 Prozent an – und die rasche Herstellbarkeit vieler Millionen Impfdosen. Doch die sehr fortschrittliche Technologie wirft bei vielen auch Zweifel auf. „RNA-Impfstoffen haftet der Ruf an, sie wären etwas völlig Neues, und deshalb sind sie umstritten. Zu Unrecht“, erklärt Univ.-Prof. Kollaritsch, in „Pro & Contra Corona Impfung“ (Edition a). „Es stimmt zwar, dass RNA-Impfstoffe noch nie breitenwirksam in der Bevölkerung zum Einsatz kamen. Doch es gibt bereits zahlreiche RNA-Impfstoffe gegen andere Erkrankungen, deren Wirkungen und Nebenwirkungen auch bereits gut mit Studien evaluiert sind.“ Die Gründe dafür, warum diese früheren RNA-Impfstoffe noch keine Zulassungsverfahren absolviert haben, seien alleine kaufmännischer Natur, so der Infektiologe, der die Entwicklung eines RNA-Impfstoffs gegen Tollwut begleitet hat. Die rasante Entwicklung der Covid-Impfstoffe ist also der jahrelangen Vorerfahrung der Impfstoffhersteller – nicht zuletzt mit anderen Coronaviren wie SARS und MERS – zu verdanken – und nicht etwa unvorsichtiger, übereilter Herstellung, wie besorgte Stimmen immer wieder meinen. (Beschleunigte, aber nicht weniger genaue und qualitätsbewusste Zulassungsverfahren, die ob der Dringlichkeit ermöglicht wurden, trugen ebenfalls zu raschen Zulassungen bei.)

Reaktion versus Nebenwirkung
Auch die Sorge um Nebenwirkungen ist groß. Dabei fehlt es häufig an einer wichtigen Unterscheidung: jener zwischen Impfreaktion und Nebenwirkung. Ernste Nebenwirkungen treten bei in der EU zugelassenen Impfstoffen nur ausgesprochen selten auf. Impfreaktionen jedoch kommen häufig vor und müssen als Teil der natürlichen Immunantwort gesehen werden. Tatsächlich können kurzzeitige Impfreaktionen nach RNA-Impfungen stärker in Erscheinung treten, als wir es von anderen Impfungen gewohnt sind. „Ein Vorteil der RNA-Impfstoffe besteht darin, dass sie die angeborene Immunabwehr besser aktivieren als herkömmliche Impfstoffe“, so Prof. Kollaritsch. „RNA-Impfungen können daher ‚reaktogener‘ sein und ­eine stärkere Reaktion im Körper auslösen.“ Dabei handle es sich aber nicht um gefürchtete Nebenwirkungen, sondern um natürliche, im Rahmen des Antikörperbildungsprozesses auftretende Begleiterscheinungen der Impfungen. „Wir Vakzinologen freuen uns sogar, wenn Impfungen reaktogen sind“, so der Facharzt für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin. „Dies nicht etwa, weil wir Sadisten sind. Vielmehr bedeutet das nicht mehr und nicht weniger, als dass die Immunantwort des Körpers gut ist, dass die Impfung also im gewünschten Sinn funktioniert.“ 
 
Nutzen versus Risiko
Die Reaktogenität von RNA-Impfungen könne zwar kurzzeitig unser Wohlbefinden (häufig sind z. B. Kopfschmerzen, Müdigkeit, Fieber, Schmerzen und/oder Schwellung um die Einstichstelle) beeinträchtigen, nicht aber unsere Gesundheit. Im Einzelfall müsse aber dennoch jeder und jede für sich überlegen, wie das Risiko-Nutzen-­Profil gesehen wird. Sich gegen die Impfung zu entscheiden oder länger abzuwarten hätte den „gravierenden Nachteil, weiter das Erkrankungsrisiko tragen zu müssen“, so Kollaritsch. Daneben bleibt natürlich auch das Problem der womöglich zu niedrigen Durchimpfungsrate und dem damit ausbleibenden Erfolg der Pandemiebekämpfung. 
 
Hohe Durchimpfungsrate nötig
16,5 Millionen Dosen sollen es sein, die Österreich bis zum Sommer erhält – also ausreichend, um jeder Bürgerin und jedem Bürger zwei Dosen eines zugelassenen Covid-19-Impfstoffs zu garantieren. Zwar wird in der österreichischen Covid-19-Impfstratgie als Ziel eine Durchimpfungsrate von nur „50 Prozent plus“ definiert – wünschenswert und vor allem für die Eindämmung der Pandemie notwendig wäre aber eine weitaus höhere Zahl. Von Expertenseite hieß es bereits mehrmals, dass zumindest eine Impfrate von 70 Prozent notwendig sei, um den Weg aus der Pandemie zu ermöglichen. Die Alternativroute zu einer breiten Immunität wäre eine Durchseuchung von mindestens 60 bis 70 Prozent – erst dann könnte man von einer Herdenimmunität sprechen. Bis diese erreicht wäre,  würde es Jahre dauern und viele schwere ­Erkrankungsverläufe und Todesopfer bedeuten.
 

Wirkung & Impfplan


Wie „arbeitet“ das Vakzin & wann werde ich geimpft?

RNA-Impfstoffe
Funktionsweise Die Präparate von BioNTech/Pfizer und Moderna sind mRNA-Impfstoffe. Im Vakzin ist ein Gen des Virus in Form von mRNA (messenger-RNA) enthalten. Damit wird der Bauplan eines Virusproteins des Erregers verabreicht. Die Körperzellen können das Virusprotein damit selbst produzieren. In der Folge kommt es zu einer Immunreaktion. Bei dieser Technologie entstehen keine ganzen vermehrungsfähigen Viren, sondern nur einzelne Bestandteile davon, weswegen sie für den Körper ungefährlich sind. Auf die DNA der Körperzellen hat der Impfstoff ebenfalls keinen Einfluss, sie bleibt völlig unverändert. Auf Basis dieser noch neuen Technologie sind neben dem Covid- auch andere Impfstoffe in Entwicklung, z. B. gegen Influenza und Tollwut. Die Impfstoffe können besonders rasch und in großen Mengen produziert werden. Sie gelten als sehr sicher. Zwei Impfungen im Abstand von mehreren Wochen sind nötig, um den besten Impfschutz zu gewährleisten.
 
Impfplan für Österreich 
Phase 1 (Jänner–Februar) Geimpft werden: Bewohnerinnen und Bewohner in ­Alten- und Pflegeheimen, Personal im Gesundheitsbereich mit hohem Expositionsrisiko und Hochrisikogruppen (mit definierten Vorerkrankungen). In dieser Phase werden erst wenige Impfstoffe zur Verfügung stehen.
 
Phase 2 (Februar–April)
Geimpft werden: Personen höheren Alters, Personen in kritischer Infrastruktur. In dieser Phase sollen bereits mehr und verschiedene Impfstoffe verfügbar sein. 

Phase 3 (ab 2. Quartal)
Geimpft wird (zusätzlich zu Gruppen aus Phasen 1 und 2): die Allgemeinbevölkerung in Reihenfolge gemäß der Impfgremium-Empfehlungen. 

© Edition A Verlag

„Pro & Contra Corona Impfung. Tipps für die persönliche Impfentscheidung“ von Univ.-Prof. Dr. Herwig Kollaritsch; erschienen im Edition a Verlag,  um 18 Euro im Buchhandel.
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