Aufklärung

Covid-19: Informationen für Patienten mit Krebs

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Krebshilfe-Präsident Prof. Sevelda beantwortet häufige Fragen.

Menschen mit geschwächtem Immunsystem können im Fall einer Coronavirus-Infektion mit einem schweren Verlauf konfrontiert sein. Gerade bei KrebspatientInnen kann die Abwehrfunktion beeinträchtigt sein. Der Experte über Risiken & Schutzmaßnahmen.

Menschen, die einer Risikogruppe angehören, gilt es derzeit besonders zu schützen. Denn durch eine Vorerkrankung und einem damit zumeist einhergehenden geschwächten Immunsystem sind sie besonders vulnerabel – sie können schneller und möglicherweise auch schwerer an der Lungenkrankheit Covid-19 erkranken als Gesunde. Vor allem bei KrebspatientInnen kann das Immunsystem durch die Erkrankung selber oder die Therapie – z. B. mit Zytostatika und Immunsuppressiva – geschwächt sein. Die Österreichische Krebshilfe spricht daher spezielle Empfehlungen für Krebspatientinnen in Hinblick auf Hygiene- und Schutzmaßnahmen aus (s. unten). Des weiteren steht das Team um Krebshilfe-Präsident Prim. Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda Betroffenen sowie Angehörigen beratend und unterstützend zur Seite (Anm.: Kontakt & Infos über www.krebshilfe.net). In gesund&fit beantwortet Prof. Sevelda häufig gestellte Fragen zum Thema Krebserkrankung und Covid-19.

Haben Krebspatientinnen und Krebspatienten nach abgeschlossener Therapie ein erhöhtes Risiko, an Covid-19 zu erkranken?
Prim. Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda:
Wenn die Therapie erfolgreich abgeschlossen ist, haben KrebspatientInnen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit KEIN erhöhtes Risiko, an Covid-19 zu erkranken. Die Voraussetzung ist, dass das Immunsystem wieder „normal arbeitet“ und sich die Blutbildveränderungen normalisiert haben. Wenn dies der Fall ist, reichen die empfohlenen Schutzmaßnahmen aus: Zu Hause bleiben, Hände regelmäßig waschen, nicht ins Gesicht greifen.


Haben Krebspatientinnen und Krebspatienten bei laufender Therapie ein erhöhtes Risiko, an Covid-19 zu erkranken?
Prim. Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda: : Man geht derzeit davon aus, dass KrebspatientInnen, deren Immunsystem aktuell geschwächt ist (Anm.: Immunsuppression), bei einer Infektion mit Covid-19 rascher erkranken und mit einem möglicherweise schwereren Verlauf konfrontiert sein können. Krebspatienten können aus verschiedenen Gründen ein schwaches Immunsystem haben. Dazu zählen beispielsweise Erkrankungen wie Leukämie und Lymphome, oder ein geringeres Vorhandensein von weißen Blutkörperchen im Blut, wie das beispielsweise bei einer Chemotherapie der Fall ist. Denn die Chemotherapie bewirkt, dass die neutrophilen Granulozyten (Konzentration bestimmter Abwehrzellen des Immunsystems) sinkt. Das schwächt das Immunsystem. Diese Werte werden sowohl während der Therapie als auch nach Abschluss der Therapie kontrolliert. Das Immunsystem kann aber auch durch zu wenig Antikörper im Blut (Anm.: niedrige Immunglobulinwerte), durch die langfristige Einnahme von Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken (zum Beispiel Steroide), Transplantation körperfremder Stammzellen oder andere zelluläre Therapien (zum Beispiel eine CAR-T-Zell-Therapie) geschwächt sein.


Welche Schutzmaßnahmen gelten für KrebspatientInnen?
Prim. Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda:  Nach erfolgreich abgeschlossener Therapie und bei intaktem Immunsystem gelten für KrebspatientInnen die allgemein empfohlenen Schutzmaßnahmen: Zu Hause bleiben, Hände regelmäßig waschen, nicht ins Gesicht greifen.
Krebspatienten, deren Abwehrsystem durch die Verabreichung bestimmter Medikamente geschwächt ist, müssen vor Infektionen besonders geschützt werden. Die Erreger von Covid-19 werden sowohl durch direkten und indirekten Kontakt als auch durch Tröpfchen aus den Atemwegen übertragen. Infektiöse Tröpfchen werden z. B. beim Husten und Niesen freigesetzt und bis zu 1,5 Meter weit verbreitet. Die wichtigsten Maßnahmen für KrebspatientInnen sind neben der Reduzierung der sozialen Kontakte (Anm.: weitgehende Selbstisolation) die Händehygiene, die Desinfektion verunreinigter Gegenstände und das Wichtigste ist: Bleiben Sie zu Hause! Wenn Sie das Haus verlassen müssen, halten Sie unbedingt einen Mindestabstand von einem Meter bis eineinhalb Meter  zu nicht im gleichen Haushalt lebenden Menschen ein.

Was bringt ein Mundschutz?
Prim. Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda: : Ob ein herkömmlicher Mundschutz für KrebspatientInnen eine Schutzfunktion hat, sehen Experten nicht als erwiesen an. Bisher ergeben die dazu vorliegenden Studien kein einheitliches Bild. Faktum ist, dass man, wenn man selbst einen Mundschutz trägt, andere vor einem Teil von Krankheitserregern schützen kann. Speicheltröpfchen, die beim Niesen, Husten oder Sprechen versprüht werden, bleiben zu einem großen Teil in der Maske hängen.


Kann Covid-19 auch durch eine sogenannte Schmierinfektion erfolgen?

Prim. Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda:  Vieles ist im Zusammenhang mit Covid-19 noch nicht wissenschaftlich belegt. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, durch das Berühren/Angreifen von Türklinken, Einkaufswagerln etc., mit dem Virus in Kontakt zu kommen, denn Viren landen auch auf Gegenständen und Oberflächen. Wenn man diese Oberflächen berührt und sich danach an Augen, Nase oder Mund berührt, besteht die Gefahr einer Übertragung. Es ist unklar, wie viel an Kontakt und wie lange der Kontakt erfolgen muss, damit eine Übertragung stattfindet. Es wird KrebspatientInnen empfohlen, Schutzhandschuhe zu verwenden, wenn sie sich in der Öffentlichkeit aufhalten – beispielsweise, weil sie selbst einkaufen gehen müssen.

Kann es vorkommen, dass der Beginn oder die Fortsetzung einer Krebstherapie wegen Covid-19 verschoben wird?
Prim. Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda:  Die individuelle Entscheidung über den Beginn der Therapie bzw. der Fortsetzung liegt auch jetzt bei dem behandelnden Arzt und ist abhängig von der therapeutischen Dringlichkeit, dem Allgemeinzustand des Patienten und dem Abwägen der Risikosituation hinsichtlich einer möglichen Infektion mit Covid-19. Zum jetzigen Zeitpunkt werden alle therapeutisch notwendigen Therapien (Anm.: medikamentöse Therapien, Operationen, Strahlentherapien) in den meisten Fällen durchgeführt bzw. geringfügig verschoben. Wenn eine Operation aufgrund der Covid-19 bedingten Überlastung des Krankenhauses verschoben wird, ist das eine psychische Belastung für PatientInnen. Aber aus medizinischer Sicht beeinflusst eine Verschiebung um einige Wochen in den allermeisten Fällen die Heilungschancen nicht.


Wie werden Kontrolluntersuchungen in ­Zeiten von Covid-19 gehandhabt?

Prim. Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda: Die Notwendigkeit von Kontrolluntersuchungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist individuell vom behandelnden Arzt zu entscheiden. Aber grundsätzlich ist das Risiko einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 jetzt einfach zu groß. Eine Verschiebung von ein paar Monaten ist in den meisten Fällen mit großer Wahrscheinlichkeit kein Problem.

Prim. Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda
© Prim. Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda

Prim. Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda ist Präsident der Österreichischen Krebshilfe, Vorstand der Abteilung für Gynäkologie & Geburtshilfe & Leiter Brustgesundheitszentrum, KH Hietzing.

 

❯❯ Weitere Informationen
Die Österreichische Krebshilfe empfiehlt für weiterführende Informationen folgende Links:  

l www.krebshilfe.net  – die Dach­seite der Österreichischen Krebshilfe klärt u. a. umfangreich über Krebs­erkrankung und Covid-19 auf  

l www.sozialministerium.gv.at – ­Basisinfos zu Covid-19 und mehr

l www.ages.at – die Seite der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit beantwortet wichtige Fragen zu Covid-19

l www.selpers.at – Sammlung von Experten-Antworten zum Coronavirus speziell für chronisch Kranke und Menschen aus Risikogruppen

l www.abcsg.org – Seite der Austrian Breast & Colorectal Cancer Study Group (ist Österreichs größte und bekannteste akademische Forschungsorganisation)

l www.onkopedia.com – teilt News, Leitlinien und mehr

❯❯ Empfehlungen für KrebspatientInnen
„Krebspatienten, deren Abwehrsystem durch die Verabreichung bestimmter Medikamente geschwächt ist“, so die Ö. Krebshilfe, „müssen vor Infektionen besonders geschützt werden.“ So lauten die aktuellen Empfehlungen:

l Beachten Sie die allgemeinen Empfehlungen zur Reduktion der Ansteckungswahrscheinlichkeit besonders genau (Händewaschen, Abstand halten, zu Hause bleiben wenn möglich).

l Verlassen Sie die Wohnung nur für einen kurzen Spaziergang und für ärztlich angeordnete Termine.

l Versuchen Sie, außerhalb der Wohnung Oberflächen nicht zu berühren. Sollte dies notwendig sein, verwenden Sie Schutzhandschuhe und entsorgen Sie die Handschuhe, bevor Sie nach Hause kommen.

l Waschen Sie Ihre Hände, sobald Sie wieder zu Hause sind, und tun Sie das grundsätzlich regelmäßig und gründlich mit Seife oder einem Desinfektionsmittel.

l Berühren Sie nicht Augen, Nase und Mund! Hände können Viren aufnehmen und das Virus im Gesicht übertragen!

l Achten Sie auf Atemhygiene! Halten Sie beim Husten oder Niesen Mund und Nase mit gebeugtem Ellbogen oder einem Taschentuch bedeckt und entsorgen Sie dieses sofort.
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