Studie:

Cannabis könnte gegen Demenz helfen

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Im Tierversuch wirkt die Pflanze als Jungbrunnen.

Geringe Dosen des Cannabis-Wirkstoffes verbessern nach Forscherangaben die nachlassende Gehirnleistung von alten Mäusen. Untersuchungen hätten gezeigt, dass der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) den Alterungsprozess des Gehirns der Tiere verändert, berichten Bonner Forscher im Wissenschaftsjournal "Nature Medicine".

Klinische Studie geplant

In einer klinischen Studie wollen sie jetzt untersuchen, ob THC auch die Gehirnfunktion von älteren Menschen mit einer beginnenden Alzheimer-Demenz oder einer milden Altersdemenz normalisieren kann. Die von der nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministerin Svenja Schulze unterstützte Studie soll nach Möglichkeit noch in diesem Jahr beginnen, sagte der Neurowissenschafter Professor Andreas Zimmer.

Große Hoffnung auf Erfolg

Medizinisches Marihuana sei schon lange untersucht: "In diesem Zusammenhang wissen wir, dass praktisch alles, was in der Maus funktioniert, auch im Menschen funktioniert. Von daher bin ich vorsichtig optimistisch, dass die Ergebnisse vielleicht übertragbar sind", sagte Zimmer.

Alterungssymptome

Die Bonner Forscher untersuchen seit rund 15 Jahren an Mäusen das System der Rezeptoren, auf die Cannabis wirkt. Alle Ergebnisse zeigten, dass dieses sogenannte Endocannabinoidsystem als Teil des Nervensystems, alle Alterungsprozesse beeinflusst. "Die Aktivität des Systems nimmt bei alternden Tieren ab und geht einher mit typischen Alterungssymptomen, wie Osteoporose, runzeliger Haut und abnehmender Kognitions-Leistung", sagte der Neurowissenschafter. Abnehmende Aktivität des Systems und Alterserscheinungen gehen demnach Hand in Hand.

Alte Mäuse bekamen THC

Die Wissenschafter fragten sich, ob sich die nachlassende Aktivität des Systems im Alter durch die Stimulation mit einem Cannabis-Wirkstoff umkehren lässt. Sie gaben alten Mäusen THC. "Auf einmal verhalten sich die alten Tiere wie die jungen. Wir können ein Tier, das eineinhalb Jahre alt ist, nicht mehr unterscheiden von einer jungen Maus", sagte Zimmer. Die Lern- und Gedächtnisleistung sei viel besser als die von unbehandelten alten Tieren.

Ergebnisse sind vielleicht auf den Menschen übertragbar

Dass die Ergebnisse vielleicht auch auf den Menschen übertragbar seien, dazu gebe es Hinweise aus Israel: Bewohner eines Altersheims, die unter Appetitlosigkeit und Schlafstörungen litten, hatten Cannabis bekommen. "Viele darunter waren daraufhin auch geistig wesentlich reger", sagte Zimmer. Die Ergebnisse und Erfahrungen daraus hätten dazu geführt, dass in Israel Cannabis für geriatrische Patienten unter klinisch kontrollierten Bedingungen untersucht werde.

Forschungsziele

In Bonn wollen die Wissenschafter die Wirkung nun genauer untersuchen. Es gehe nicht darum, Hanf anzubauen, um es alten Menschen zu verkaufen, sagte Zimmer: Es gehe um die Entwicklung eines Medikamentes und die kontrollierte Einnahme.

Situation in Deutschland und Österreich

Für schwerkranke Menschen, etwa Patienten mit der Darmerkrankung Morbus Crohn, ist Cannabis (Blüten und Extrakte) seit einiger Zeit in Deutschland unter bestimmten Bedingungen auf Rezept erhältlich. Es ist als illegale Droge jedoch zugleich häufig Anlass für eine suchtmedizinische Behandlung, und der Eigenanbau ist verboten. Das österreichische Gesundheitsministerium setzt auf ein Expertengremium, um Situation und Entwicklung auf diesem Gebiet erst einmal zu diskutieren. Bisher gibt es hierzulande ausschließlich Produkte aus pharmazeutischer Herstellung. Die allfällige Übernahme der Kosten dieser Arzneimittel erfolgt via chefärztliche Bewilligung. In dem Gremium erörtert werden sollen auch zukünftige Erfahrungen in Deutschland, wo mit Inkrafttreten der neuen Regelung eine wissenschaftliche Begleitstudie zur Cannabis-Verwendung initiiert wurde.

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