Munition im Mikrokosmos

Auch Bakterien "handeln" mit Waffen

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Giftspeeren werden auf Konkurrenten gefeuert

Im Mikrokosmos geht es ganz schön martialisch zu: Bakterien schießen mit Giftspeeren, um sich gegen Konkurrenten durchzusetzen. Aber wenn sie dabei einen Artgenossen treffen, profitiert dieser sogar: Er recycelt die Bestandteile und macht daraus eigene Munition, wie Forschende der Universität Basel am Donnerstag berichteten.

Nano-Harpunen

Die als "Typ-VI-Sekretionssystem" bezeichnete Abschussvorrichtung der Bakterien besteht aus einem winzigen Speer in einer flexiblen Hülle. "Wenn Bakterien ihre Harpune abfeuern, zieht sich die Hülle innerhalb weniger Sekunden zusammen und stößt so den Speer in Bakterien, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft befinden", erklärte Marek Basler vom Biozentrum der Universität Basel in einer Mitteilung der Hochschule.

Die Spitze dieser Nano-Harpunen ist mit Molekülen bestückt, die für Widersacher toxisch sind, so dass diese sterben. Ganz anders hingegen bei einem verwandten Artgenossen: Dieser verwende die Bestandteile der Harpune für den Bau eigener Giftspeere, berichten Basler und sein Team im Fachblatt "Cell".

Überleben im Mikrokosmos

Für ihre Untersuchung arbeiteten die Forschenden mit dem Erreger der Cholera. "Das Besondere an Vibrio cholerae ist, dass es die Harpunen ununterbrochen herstellt und sie ziellos abfeuert", sagte Studienautorin Andrea Vettiger.

Die Forschenden brachten Vibrio-Bakterien, denen das Harpunensystem fehlte, mit solchen zusammen, die das ganz normale Typ-VI-Sekretionssystem besaßen. Dank der Munitionslieferung ihrer normal bewaffneten Kollegen konnten die Harpunen-losen Bakterien anschließend doch wieder eigene Giftspeere bauen.

Die Bakterien spannen sogar mitunter zusammen, um einen Widersacher zu töten, wie Basler und sein Team feststellten. Zwei Vibrio-Bakterien, denen jeweils Teile ihres Harpunensystems fehlten, tauschten sich aus, um gemeinsam Waffen gegen einen dritten Konkurrenten zu bauen.

"Auch wenn wir das Verhalten der Bakterien nur unter Laborbedingungen beobachtet haben, sind wir davon überzeugt, dass diese Form der Kooperation auch in der Natur eine wichtige Rolle spielt und manchen Bakteriengemeinschaften dadurch einen Überlebensvorteil verschafft", sagte Basler.

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