Krebsforschung

80% der Krebs-Gene könnten inaktiviert werden

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Erbsubstanz (DNA) kann punktgenau verändert werden

Die sogenannte CRISPR/Cas9-Technologie, mit der man punktgenau die Erbsubstanz (DNA) verändern kann, macht seit einigen Jahren in der Molekularbiologie Furore. Jetzt haben deutsche Wissenschafter ihren potenziellen Wert für die Krebsforschung bzw. Krebstherapie einzuschätzen versucht. Das Ergebnis: 80 Prozent der Krebs-relevanten Mutationen ließen sich damit gezielt "wegschneiden".

Rund 500.000 Mutationen wurden analysiert

Die Experten vom deutschen nationalen Zentrum für Tumorerkrankungen, dem deutschen Konsortium für translationale Krebsforschung und von der medizinischen Fakultät der TU Dresden analysierten rund 500.000 bereits bekannte Mutationen im menschlichen Genom, die auch an der Entstehung von bösartigen Erkrankungen beteiligt sind. Es ging dabei um die Abschätzung, ob sie mit der CRISPR/Cas9-Technik gezielt beseitigt, verändert oder repariert werden könnten. Das war bei mehr als 80 Prozent der Fall.

Gesunde Zellen wurden beim Herausschneiden der Mutationen kaum belastet

In einem zweiten Schritt versuchten die Wissenschafter um Frank Buchholz, bei Krebs häufig vorkommende Mutationen aus der DNA herauszuschneiden. Das war möglich, es zeigte sich darüber hinaus, dass man damit gesunde Zellen kaum belastete. Das Verfahren wurde im Jahr 2012 von der ehemals auch in Wien tätigen französischen Molekularbiologin Emmanuelle Charpentier als eine Art molekulare Gen-Schere (CRISPR/Cas9) in Bakterien entdeckt. Die Keime wehren sich damit gegen eine Infektion durch Bakteriophagen (Viren, die Bakterien infizieren) nutzen. Weltweit wird das Verfahren als enormer Fortschritt in der Biotechnologie gefeiert. Untersucht wird auch bereits, ob man mit der Methode eventuell chronische Virusinfektionen heilen könnte.

Auch für Krebsdiagnostik von Bedeutung

Auch bei bösartigen Erkrankungen wäre wahrscheinlich eine Anwendung möglich, wie die deutschen Wissenschafter jetzt im Journal des US-Krebsinstitutes (NCI) dokumentiert haben. "Mutationen in Krebszellen werden heute mit zunehmender Geschwindigkeit durch Hochdurchsatz-Sequenzierung identifiziert", sagte Frank Buchholz (TU-Dresden). "In den meisten Fällen bleibt jedoch unklar, welche dieser genetischen Veränderungen die Krankheit tatsächlich vorantreiben und welche keine größeren Auswirkungen haben." In Experimenten zeigte die Forschungsgruppe jedenfalls, dass eine Vielzahl der Mutationen in Krebszellen gezielt geschnitten und inaktiviert werden können.

Auf diese Weise konnten die Forscher auch diejenigen Mutationen identifizieren, welche für Wachstum und Lebensfähigkeit der Krebszellen maßgeblich verantwortlich sind. "Hiermit haben wir nun ein Instrument in der Hand, mit dem wir schnell die krebstreibenden von den weniger relevanten Mutationen unterscheiden können", stellte Buchholz fest. Da jede Krebserkrankung individuell ist und eine spezifische Kombination verschiedenster Mutationen aufweist, könnte dieser wissenschaftliche Ansatz insbesondere der Krebsdiagnostik zugutekommen. Mutationen, die für das schnelle Krebswachstum ausschlaggebend sind, könnten gezielt erkannt werden, um eine zielgerichtete Therapie basierend auf diesen Informationen einzuleiten.

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