Patientenversorgung

Wege aus der „Sackgasse Gesundheitssystem“

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Heimisches Gesundheitssystem: Probleme und ihre Lösungen

Die Österreicher sind Spitalsweltmeister. Nirgendwo sonst lassen sich so viele Menschen im Krankenhaus behandeln wie bei uns. Die Folgen zeigten sich unlängst bei der Grippewelle: Patienten liegen am Gang, die Wartezimmer sind überfüllt und die Gesundheitskosten steigen unerbittlich. Bei einer Pressekonferenz in der Semper Constantia Privatbank in Wien präsentierten Franz Bittner (Patientenombudsmann der Ärztekammer Wien), der unabhängige Gesundheitsökonom Dr. Ernest Pichlbauer, Dr. Bernhard Ramsauer (CEO Semper Constantia Privatbank AG) und Mag. Christoph Sauermann, Geschäftsführer von Mediclass, dem größten privaten Gesundheitszentrum Österreichs, Wege aus der „Sackgasse Gesundheitssystem“.

Gesundheitssystem ist reif fürs Krankenhaus

Patienten klagen über überfüllte Ambulanzen und eine „Drei-Minuten-Medizin“ bei Kassenärzten. Dabei weist Österreich mit 4,9 Medizinern auf 1000 Einwohner eine der höchsten Ärztedichten der Welt auf. Die Ursache dieser Missstände liegt in der Organisation des heimischen Gesundheitssystems. So blockieren Patienten, auch außerhalb von Notfällen, die Ambulanzen der Krankenhäuser, anstatt den Hausarzt zu konsultieren. Noch schlimmer ist die Situation bei Fachärzten. Hier kommt es oft zu wochenlangen Wartezeiten auf einen Termin. Mittlerweile nicht nur bei Fachärzten mit Kassenverträgen sondern auch bei Wahlärzten.

Optimierte Patientenversorgung entlastet das System

Mängel in der Patientenversorgung ortet auch Franz Bittner, Patientenombudsmann der Ärztekammer Wien. „2016 hatten wir 1.200 Beschwerden, das war eine Steigerung um 20 Prozent gegenüber 2015. Die Wartezeiten auf Hüft- und Knieoperationen bewegen sich für ,normale` Versicherte zwischen 15 und 24 Monate. Auf CT- und MRT-Untersuchungen sind Wartezeiten von drei bis fünf Monate keine Seltenheit. Dafür trägt die Sozialversicherung Mitschuld, hat sie doch einen schlechten Vertrag mit der Wirtschaftskammer abgeschlossen, der die Institute ökonomisch bevorzugt und die Kassenpatienten benachteiligt.“ Die langen Wartezeiten müssten nicht sein, wenn es ein entsprechendes Qualitätsmanagement und Reformen gäbe. „Wichtig wäre eine Aufwertung der Hausärzte, ein Ausbau von PHC´s (Primary Health Care) mit integrierter Versorgungsstruktur und das Zulassen von unterschiedlichen Behandlungsstrukturen (z.B. Gruppenpraxen, Ärzte GmbH, private Krankenanstalten-Institute, Ärzte dürfen Ärzte anstellen usw.). Auch müsste die Zusammenarbeit zwischen dem intra- und extramuralen Bereich (Spitäler und Krankenversicherungsträger) verbessert werden.“ Der Patientenombudsmann begrüßt daher Initiativen wie Mediclass, das größte private Gesundheitszentrum Österreichs. „Solche ´Private Healthcare´ -Einrichtungen sind eine gute Alternative, da Spitalsärzte, deren Überstunden ja begrenzt wurden, in diesen Gemeinschaftspraxen weiterarbeiten könnten. Diese Praxen stellen den Ärzten eine komplette Infrastruktur zur Verfügung. Einrichtungen wie Mediclass könnten in Zukunft eine echte Alternative zu Wahlarztordinationen werden“, führt Bittner aus. Bezahlt wird privat, die Leistungen werden aber nur zu den deutlich günstigeren Kassentarifen verrechnet und daher zu einem Großteil durch die Kassen rückerstattet.

„Wir sind ein Gesund-Club mit vielen Vorteilen für Ihre Gesundheit“ verspricht Christoph Sauermann, Geschäftsfühter von Mediclass. Der Vorteil für die Patienten liegt auf der Hand. Mehr als 60 Fachärzte und Therapeuten arbeiten Tür an Tür und koordinieren Ihre Behandlung anhand einer Gesundheits-Akte. Die Ärzte nehmen sich Zeit für den Patienten und dieser erspart sich das zeitintensive ,Pilgern` von einem Facharzt zum anderen. Zusätzlich erhält jeder Kunde einmal pro Jahr kostenfrei einen großen Gesundheits-Check.“ Ermöglicht wird das Service, weil die Ärzte im Gesundheitszentrum die gesamte Ordination zur Verfügung gestellt bekommen und alle administrativen und organisatorischen Tätigkeiten vom Gesundheitsmanagement übernommen wird. „Der Arzt hat dadurch wieder mehr Zeit für seine Patienten“, so Sauermann.

Mehr Transparenz, weniger Behandlungen

Auch der unabhängige Gesundheitsökonom und Mediziner Ernest Pichlbauer sieht dringenden Handlungsbedarf, um das Gesundheitssystem zu optimieren. „Dem öffentlichen Gesundheitssystem sind Partei-, Klientel- und Ideologie-Politik immanent. Das führt zu einer undurchschaubaren Zersplitterung der Kompetenzen und dem bekannten Phänomen, dass Patienten von einem Finanzierungstopf zum anderen verschoben werden. Praktisch alle Einrichtungen der öffentlichen ambulanten Versorgung (Notfallaufnahmen, Spitalsambulanzen, Ambulatorien, Kassenärzte) unterliegen unterschiedlichsten, unklaren Anreizmechanismen, die eher dazu anhalten, Patienten möglichst oft statt möglichst selten zu behandeln. Durch die Reform kommen neue Einrichtungen (PHC-Zentren, Facharzt-Zentren) hinzu, deren Positionierung unklar ist und die aufgrund ihrer Finanzierung durch Kassen und Länder den Interessenkonflikt in sich tragen. Die Zukunft wird weisen, ob die Reformvorhaben wirklich beim Patienten ankommen oder nur die bestehenden Streitereien und das für den Patienten nachteilige Verschieben von einem Finanzierungstopf zum anderen fördern.“

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