Jeder Sechste leidet daran

Sicca-Syndrom: Was kann man dagegen tun?

Teilen

Wenn Augenrötungen, Fremdkörpergefühl und eine erhöhte Empfindlichkeit des Sehorgans auftreten, könnte das Sicca-Syndrom dahinterstecken.

Normalerweise läuft es wie geschmiert, jetzt scheuert aber jeder Lidschlag, obwohl sich nichts im Auge befindet. Die Augen sind gerötet und ermüden leicht. Hinter diesen Beschwerden kann die häufigste Augenerkrankung – das Sicca-Syndrom, auch „trockenes Auge“ genannt, stecken. 

Fehlende Tränenflüssigkeit
Ein trockenes Auge entsteht, wenn die Tränenflüssigkeit nicht mehr in ausreichender Menge oder in der optimalen Zusammensetzung vorhanden ist. Der Tränenfilm bedeckt normalerweise das Auge vollständig, schützt es und sorgt für ein reibungsloses Gleiten der Lider über die Augenoberfläche. Die Tränenflüssigkeit besteht aus drei verschiedenen Schichten. Direkt auf der Hornhautoberfläche liegt eine schleimige Schicht, die feine Unebenheiten ausgleicht und der Tränenflüssigkeit Halt gibt. Verbunden mit dieser ist eine wässrige Schicht, die für die Befeuchtung des Auges sorgt. Auf dieser liegt eine fetthaltige Lipidschicht, die eine zu schnelle Verdunstung der Tränenflüssigkeit verhindert. Kommt es in einer oder mehrerer dieser Schichten zu Veränderungen oder lässt die Tränenproduktion nach, funktioniert das System nicht mehr richtig und das Auge wird trocken.

Trockene Augen – Was tun?
Die Ursachen für trockene Augen sind sehr vielfältig. Sie können durch verringerte Lidschlagfrequenz bei der Bildschirmarbeit (Office Eye Syndrome) entstehen, aber auch durch eine zugrunde liegende Erkrankung. Daher ist eine Abklärung bei einem Augenarzt unbedingt ratsam. In den meisten Fällen kann mit Hilfe von „künstlichen Tränen“ die Trockenheit der Augenoberfläche behoben werden. Welches Tränenersatzmittel am besten geeignet ist, sollte der Augenarzt entscheiden. 
Um dem Entstehen von trockenen Augen durch Umweltfaktoren entgegenzuwirken, sollten Sie auf frische und feuchte Raumluft achten, bei der Bildschirmarbeit blinzeln und regelmäßig Pausen einlegen, Tabakrauch, Luftzug von Klimaanlagen oder direktes Gebläse auf die Augen vermeiden, Kontaktlinsen nicht zu lange tragen, eventuell eine Brille mit Seitenschutz verwenden und viel trinken. 
 
Die wichtigsten Fakten im Überblick
Ursache 
Entzündungen, Lidfehlstellungen, operative Eingriffe (Augen-Laser-Operationen), Verletzungen, aber auch bestimmte Medikamente können die Befeuchtung der Augen maßgeblich beeinflussen. Je nach zugrunde liegender Ursache wird die Erkrankung in vier große Gruppen eingeteilt: Immunologisch (prominentester Vertreter ist das Sjögren-Syndrom): Autoimmunerkrankung, rheumatische Erkrankungen, aber auch Allergien oder Entzündungen zählen zu den Verursachern. Toxisch: Hier sind Reizstoffe, Lösungsmittel, Nikotin oder andere externe Reizfaktoren wie Klimaanlagen für die Beschwerden verantwortlich. Hormonell: Veränderungen des Hormonsystems (Wechseljahre, Hormonersatztherapie) können ebenfalls ein „trockenes Auge“ verursachen. Psychische Ursachen: Ängste, Depressionen, innere Spannungen können die Lidschlussfrequenz beeinträchtigen und die Verteilung des Tränenfilms stören.

Symptome 
Das trockene Auge verursacht folgende Beschwerden: Fremdkörpergefühl, Trockenheitsgefühl, Brennen, Kratzen, Reiben, Jucken, gerötete Augen, starkes Tränen bei Wind und Kälte, verklebte Augen am Morgen, die ­Lider lassen sich schwer öffnen, ­Lichtempfindlichkeit, Sehstörung, ­
die durch Blinzeln besser wird, und Schweregefühl der Lider.

Diagnose 
Zur Diagnoseerstellung untersucht der Augenarzt die Menge und Zusammensetzung des Tränenfilms. Nach Einfärben des Tränenfilms mit einem Farbstoff können durch ein spezielles Mikroskop (Spaltlampe) Veränderungen erkannt werden.
 
Unterstützende Lifestyle-Maßnahmen:
  • Pausen während der Bildschirmarbeit
  • Bewusstes Öffnen und Schließen der Augen bei längeren Bildschirmarbeiten 
  • Hohe Luftfeuchtigkeit gewährleisten
  • Viel Flüssigkeit
  • Zugluft vermeiden
  • Ausgewogen ernähren mit Omega-3-Fettsäuren
Behandlungen des Sicca-Syndroms

Konservative Behandlung

Meistens reichen Tränenersatzmittel gegen trockene Augen – als Tropfen oder Gel verabreicht. Diese „künstlichen Tränen“ enthalten Filmbildner, die verhindern, dass der Tränenfilm zu schnell aufreißt. Mehrmals täglich in das trockene Auge getropft, ersetzen die Mittel die fehlende Flüssigkeit im Auge und verbessern gleichzeitig die Benetzung der Hornhautoberfläche. Je nachdem, welche Tränenersatzmittel Sie besser vertragen, können Sie zähflüssiges Augengel oder dünnflüssigere Augentropfen gegen trockene Augen verwenden. Wichtig ist, dass das Mittel keine Konservierungsstoffe enthält. Denn diese können das Sicca-Syndrom verstärken oder Allergien auslösen. Inhaltsstoffe im Überblick: 

Hyaluronsäure 
Eine Form von Augentropfen sind Mittel mit Hyaluronsäure. Diese werden zur Befeuchtung bei trockenen, gereizten oder brennenden Augen verwendet. Sie sind der natürlichen Tränenflüssigkeit nachempfunden und verschaffen ein wohltuendes, erfrischendes Gefühl. 
 
Dexpanthenol 
Dexpanthenol wird vor allem bei Haut- und Schleimhautverletzungen verwendet, um den Heilungsprozess zu beschleunigen. Verletzungen am Auge werden mit Dexpanthenol-Augentropfen behandelt, Hautverletzungen mit Salben oder Cremes. Dexpanthenol zählt zu den Vitaminen und ist deshalb auch in Nahrungsergänzungsmitteln und Zubereitungen zur künstlichen Ernährung enthalten. 
 
Acetylcystein 
Acetylcystein ist ein Kollagenasehemmer (es hemmt den Kollagenabbau). Acetylcystein-Augentropfen werden angewendet, um nach Verletzungen der Hornhaut (durch zum Beispiel Infektionen oder Verätzungen) Wucherungen und Einschmelzungen auf der Hornhaut zu verhindern und schlussendlich das Abheilen zu ermöglichen. Außerdem werden Acetylcystein-Augentropfen oft und gerne genutzt, um Schleim und Verklebungen im Auge zu lösen.

So hilft der Augenarzt

Priv.-Doz. Dr. Med. Univ. Jutta Horwath-winter  FÄ für Augenheilkunde und Optometrie im Interview

Wie wird das Sicca-Syndrom behandelt?                
Priv.-Doz. Dr. Med. Univ. Jutta Horwath-Winter: Wichtig ist, dass das Sicca-Syndrom als Überbegriff für Augen-Trockenheit durch unterschiedliche Ursachen gilt. Also ist es nötig herauszufinden, was der Auslöser ist. Das Wichtigste für die Therapie ist, dass die Erkrankung so kausal wie mögliche behandelt wird. Sehr häufig liegt die Ursache nicht am Mangel der Tränenflüssigkeit, sondern daran, dass die Zusammensetzung der Flüssigkeit gestört ist. Z. B. dass zu wenig Fett enthalten ist, aufgrund dessen die Flüssigkeit an der Oberfläche zu schnell verdunstet. Hier reicht ein Flüssigkeits-Zusatz natürlich nicht, sondern es werden durch Erwärmung, Massage und Reinigung der Augenlider, die Fette mobilisiert, damit sich der Tränenfilm stabilisieren kann. Eine grundsätzliche Therapie für alle Formen des Sicca-Syndroms ist das Tränenersatzmittel, welches in seinen unterschiedlichen Zusammensetzungen unterschiedlich eingesetzt wird. Mittlerweile gibt es auch spezielle Mittel, die gezielt die Fettkomponente ersetzen.                                         

Gibt es neue, moderne und nennenswerte Therapiemöglichkeiten?
Priv.-Doz. Dr. Horwath-Winter: Zu den neuen Möglichkeiten gehören speziell für das trockene Auge zugelassene, entzündungshemmende Augentropfen. Vor allem aber auch in der Behandlung der Fettdrüsen der Augenlider tut sich einiges. Hier kann man gut mit heißen Kompressen oder Wärmebrillen nachhelfen. Das Drüsen-Sekret wird erwärmt und danach manuell ausmassiert. Da gibt es eine rasante Entwicklung in Bezug auf die Geräte-Technologie, die versucht, Reinigung/Erwärmung/Massage für den Betroffenen zu erleichtern. Z. B. gibt es Bürsten, die den Lidrand mechanisch reinigen, es gibt Systeme, bei denen gleichzeitig eine Erwärmung und Massage stattfindet, und es gibt eine neue Methode, bei der die Drüsen durch Licht erwärmt und aktiviert werden.

 

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.