Slideshow

Prof. Dr. Heinz Ludwig im Talk

Teilen

Prof. Dr. Heinz Ludwig im Talk

Warum kommt Krebs zurück?

Univ.-Prof. Dr. Heinz Ludwig: Am häufigsten kommt es zum Rezidiv, weil bei der Behandlung nicht alle Krebszellen erwischt wurden. Die einzelnen Tumorstammzellen werden nicht eliminiert, nur massiv zurückgedrängt und vom Immunsystem kon­trolliert. Diese schlafenden Zellen können aber wieder aufflackern und daraus kann ein Rezidiv entstehen. Lungenkarzinome oder Magenkrebs rezidivieren sehr häufig. Brustkrebs rezidiviert nicht so häufig, etwa bei 20 Prozent der Fälle.

Ist ein Rezidiv gefährlicher als der Primärtumor?

Dr. Ludwig: In der Regel ist das Rezidiv schon eine Spur gefährlicher. Zum einen werden unsere Abwehrstrukturen immer schwächer, je älter wir werden, zum anderen wird ein Tumor mit der Zeit bösartiger und kann sich über Grenzen hinweg setzen. Natürlich kann man bei manchen Krebsformen auch ein Rezidiv wieder heilen, beispielsweise bei bestimmten Lymphdrüsentumoren. Bei manchen Tumorerkrankungen ist das Rezidiv jedoch das Zeichen eines unheilbaren Krankheitsstadiums. Selbst wenn man damit lange umgehen kann.  

Kann man ein Rezidiv rechtzeitig erkennen?

Dr. Ludwig: Man kann durch bestimmte Tests sagen, dass mit den verfügbaren Maßnahmen zu einem bestimmten Zeitpunkt keine Tumorzellen nachweisbar und der Patient nach klinischen Kriterien tumorfrei ist. Die schlafenden Tumorzellen nachzuweisen würde aber nichts bringen. Etwa 30 Prozent der Brustkrebspatientinnen haben schlafende Tumorzellen zum Zeitpunkt der Operation. Das heißt aber nicht, dass diese irgendwann aktiv werden. Theoretisch kann es auch bei gesunden Menschen Vorstufen zu Tumorzellen geben, die aber nie relevant werden. Man arbeitet an Impfstrategien, aber das ist noch nicht so weit, dass sie schon morgen bei einem Betroffenen angewendet werden können. Früher hat man gehofft, dass regelmäßige Kontrolluntersuchungen nach einer Erstbehandlung eine bessere Über­lebenschance für den Patienten bedeuten. Dies ist bei einzelnen Tumoren auch so. Bei vielen Tumoren – wie beim Mammakarzinom – hat sich das jedoch nicht erfüllt. Die Maßnahmen der Früherkennung des Rezidivs spielen in den meisten Fällen keine Rolle, was die Heilungsrate betrifft. Das ist die traurige Erkenntnis. Außer es sind Metastasen, die man operieren kann – das sind Ausnahmen.

Wovon hängt die Heilungschance ab?

Dr. Ludwig: Vor allem von der Art des Tumors, aber auch vom Typ des Rezidivs. Tritt es relativ schnell nach der Erstbehandlung auf, ist die Heilungschance in der Regel geringer. Aber beim Hodentumor kommt das Rezidiv in der Regel innerhalb von zwei Jahren und die Patienten werden trotzdem zu einem beträchtlichen Teil geheilt. Bei Brustkrebs gibt es Formen,  die man gut heilen kann, aber es gibt auch Brustkrebs, der aggressiv ist und wo einem die Hände gebunden sind. Ein Lokalrezidiv kann man wieder heilen, Metastasen im Knochen sind eher nicht heilbar. Man kann aber lange damit leben.

Man sagt, wenn der Krebs nach fünf Jahren nicht mehr auftritt, ist man geheilt.

Dr. Ludwig: Das stimmt bei manchen Krebsformen. Für Brustkrebs gilt dies nicht. Da gibt es bestimmte Untergruppen, die auch sehr spät rezidivieren können. Die Tumorbiologie ist sehr komplex. Es gibt keine einheitliche Antwort für eine Gruppe von Tumoren. Bei einem östrogenrezeptor-positiven Brusttumor sind Spätrezidive – nach 15 oder 20 Jahren – relativ häufig. Bei anderen sind sie eher selten. Man kann zwar aufgrund neuer diagnostischer Maßnahmen ­eine Wahrscheinlichkeit angeben, aber die Voraussagekraft für den einzelnen Patienten ist noch nicht gut genug.

Kann man Krebs vollständig entfernen?

Dr. Ludwig: Bei einem lokalen Hodentumor im Stadium 1 liegt nach der Operation die Wahrscheinlichkeit, dass der Tumor weg ist, bei 95 Prozent. Bei Bauchspeicheldrüsenkrebs ist der Tumor zwar nach der Operation objektiv weg, aber mit 70-prozentiger Wahrscheinlichkeit kann man annehmen, dass ­Tumorzellen im Körper sind.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.