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Pollenflug kann Covid-Infektionsrisiko steigen lassen

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Wie schütze ich mich und welche Risiken ergeben sich? Was Pollenallergikerinnen und -allergiker jetzt wissen sollten.  

Sie kommen früher und bleiben länger: die Pollen. Schuld daran ist die Klimaerwärmung. Milde Winter und lange Sommer führen dazu, dass sich die Allergiesaison ausdehnt. So blühen etwa Erle und Hasel bereits ab Februar und lösen bei Menschen mit entsprechender Allergie früh Symptome aus. Ragweed (Ambrosia) verlängert die Saison bis in den September.

Pollenflug kann Covid-Infektionsrisiko (für alle) steigen lassen
Blütenpollen beeinflusst nicht nur die Atemwege von Allergikerinnen und Allergikern unvorteilhaft: Eine Studie der Technischen Universität München fand kürzlich heraus, dass eine hohe Pollenkonzentration in der Luft mit einem höheren SARS-CoV2-Infektionsrisiko einhergeht. Die Ursache ist eine pollenbedingt herabregulierte Immunabwehr: Sie bewirkt, dass der Körper nur in abgeschwächter Form auf Viren der Atemwege reagiert. Es werden weniger jener Signalproteine produziert, die die antivirale Abwehr verstärken und Eindringlinge in Schach halten. Die Zahl der Atemwegserkrankungen kann daher ansteigen – dies gilt auch für Covid-19. Laut Studie betrifft dies Pollenallergiker und -allergikerinnen genauso wie jene ohne Allergie. „Man kann nicht vermeiden, luftgetragenen Pollen ausgesetzt zu sein“, so Stefanie Gilles, Erstautorin der Studie. In manchen deutschen Städten, so heißt es in der Aussendung der TU München, kamen im Untersuchungszeitraum zeitweise pro Tag bis zu 500 Pollen auf einen Kubikmeter. Umweltmedizinerin Claudia Traidl-Hoffmann rät besonders Hochrisikogruppen, Pollenflugvorhersagen zu beachten und sich entsprechend zu verhalten. „Staubfiltermasken zu tragen, wenn die Pollenkonzentration hoch ist, kann das Virus und den Pollen gleichermaßen von den Atemwegen fernhalten“, so die Studienmitautorin.

Allergie: Risiko für schweren Covid-19-Verlauf nicht erhöht
Über das Verlaufsrisiko einer Covid-19-Erkrankung sagt der „Allergiestatus“ übrigens nichts aus. Expertinnen und Experten gaben hierzu bereits früh Entwarnung: „Allergiker haben kein grundlegend schwaches Immunsystem. Es reguliert nur anders“, so Prim. Priv.-Doz. Dr. Fritz Horak von der Ö. Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) im vergangenen Jahr im gesund&fit-Interview. „Die Abwehr gegen Viren und Bakterien funktioniert aber in der Regel normal.“ Es gebe keine Hinweise darauf, dass z. B. Pollen-Allergikerinnen und -allergiker ein erhöhtes Risiko hätten. Liegt Asthma vor, dann ist das Erkrankungsmanagement entscheidend: „Ein leichtes Asthma, sowohl in allergischer als auch nicht allergischer Form, stellt kein erhöhtes Risiko dar – allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Erkrankung gut kontrolliert ist.“ „Gut kontrolliert“ bedeutet, nahezu keine asthmatischen Beschwerden zu haben.

Impfung auch bei Pollenallergie
Auch die Angst vor der Covid-Impfung, respektive vor möglichen Reaktionen aufgrund einer Allergie sieht die ÖGP weitgehend unbegründet. Prinzipiell bestehe bei jeder Impfung ein Risiko, allergisch darauf zu reagieren, wie es in einer Presseaussendung heißt. Das Risiko für eine schwere allergische Reaktion liege bei den beiden bisher am Markt befindlichen mRNA-Impfstoffen (Biontech-Pfizer und Moderna) bei 1:100.000. „Das ist zwar etwa zehnmal höher als bei anderen bekannten Impfungen, wie zum Beispiel der Influenza-Impfung, aber noch immer sehr, sehr gering“, entwarnt Prim. Doz. Horak. Darüber hinaus seien bisher alle allergischen Reaktionen glimpflich ausgegangen. „Die Impfung mit den derzeit verfügbaren Covid-19-Impfstoffen ist insgesamt für den weitaus überwiegenden Teil der Allergiker und Asthmatiker unbedenklich und daher jedenfalls zu empfehlen“, so Horak. Patientinnen und Patienten mit gut kontrolliertem Asthma, Heuschnupfen (Pollenallergie), Neurodermitis, Urtikaria (Nesselsucht), aber auch mit Nahrungsmittelallergien, Insektengiftal­lergien, Kontaktallergien oder Allergien beziehungsweise Unverträglichkeiten gegen Schmerzmittel und Antibiotika haben demnach kein erhöhtes Impfrisiko im Vergleich zur gesunden Bevölkerung. Auch Allergiker, die in der Vergangenheit bereits einen anaphylaktischen Schock erlitten haben, können in den meisten Fällen geimpft werden. „Allerdings wird eine längere Nachbeobachtung empfohlen. Betroffene sollten 15 bis 30 Minuten zur Nachbeobachtung in der Impfordination bleiben. Eventuell wird auch schon eine Vorbehandlung mit Antihistaminika eingeplant“, so Horak. Gab es bereits ­eine Anaphylaxie gegen eine Impfung oder liegt eine gesicherte Allergie gegen verschiedene Medikamente oder eine Mastozytose (Mastzellerkrankung) vor, so muss dies vor der Impfung unbedingt mit ihrem Arzt besprochen und auch direkt vor der Impfung noch einmal bekannt gegeben werden.

Abstand bei Immuntherapie
Die Immuntherapie ist die einzige Möglichkeit, Allergien nachhaltig zu therapieren und sollte von Betroffenen unbedingt angestrebt werden (s. Infokasten). Jene, die aktuell eine solche Immuntherapie durchlaufen, können gefahrlos geimpft werden. Einzig auf den Zeitabstand sollte geachtet werden: „Prinzipiell muss keine spezifische Immuntherapie aufgrund der Covid-19-Impfung abgebrochen werden. Bei einer laufenden subkutanen (Injektion, Anm.) spezifischen Immuntherapie soll zwischen Immuntherapie und Covid-19-Impfung ein Abstand von zumindest einer Woche eingehalten werden, um mögliche Reaktionen der einen oder anderen Therapie zuordnen zu können. Eine sublinguale (unter der Zunge, Anm.) Immuntherapie kann ohne Unterbrechung weitergeführt werden.“ Auch bei der Therapie von Asthma mit Biologika bestünde kein erhöhtes Risiko, jedoch solle auch hier sicherheitshalber ein Impfabstand von einer Woche eingehalten werden.  

Tipps für den Alltag  

Vorhersage beachten
Die Freude an Spaziergängen oder Sport im Freien kann durch Heuschnupfen gedämpft werden. Hilfreich ist es, die Pollenflugzeiten zu beachten und dann rauszugehen (und die Wohnräume zu lüften!), wenn die Belastung niedrig ist – abhängig von der Uhrzeit und von der Witterung sind große Unterschiede möglich. Via pollenwarndienst.at bzw. App „Pollen“ sind Sie top-informiert. Sie können sich auch für Pollenwarnungen via SMS anmelden.

Durch die Nase
Atmen Sie draußen vermehrt durch die Nase und nicht durch den Mund, denn die Nasenschleimhaut agiert wie ein
natürlicher Filter, der die Pollen abfängt. Zusatztipp: Nase häufig spülen!

Pollen müssen draußen bleiben
An Hose, Shirt & Co. haften Pollen, selbst wenn sie mit freiem Auge nicht sichtbar sind. Halten Sie Ihre
Straßenkleidung aus dem Schlafzimmer fern und lassen Sie Wäsche während der Pollenzeit nicht im Freien trocknen! 

Haare häufig waschen
Sauber Auch die Haare sind „Pollenfänger“, vor allem, wenn wir uns im Freien aufhalten. Waschen Sie Ihre Haare zur Pollenflugzeit am besten täglich und gründlich, so spülen Sie Pollen aus und können Symptome wie nächtliche Nies–und Asthmaattacken reduzieren.

Pollen filtern
Sind Sie häufig im Auto unterwegs, kann sich die Anschaffung eines Pollenschutzfilters lohnen. Auch Pollenschutzgitter für Fenster sind sehr hilfreich. Raumluft kann mittels spezieller Luft­reiniger von Pollen gereinigt werden.

Schutzschichten anlegen
Vorbeugen Simple Barrieren wie etwa eine Brille oder Sonnenbrille können dabei helfen, weniger Allergene an die Augen gelangen zu lassen. Sehr effektiv zeigt sich auch das Tragen von Mund-Nasen-Schutz. Viele Pollenallergikerinnen und –allergiker berichten von milderen Symptomen, seit die „Maskenpflicht“ pandemiebedingt ein Teil des täglichen Lebens geworden ist.  

❯❯ Immuntherapie bei Pollenallergie 

✏ Warum?
Die Hyposensibilisierung ist die einzige Therapie, die an der Wurzel der Erkrankung ansetzt und eine Langzeitlösung bietet. Damit verhindert sie Verschlechterung, gefährliche Kreuzreaktionen
(Allergie weitet sich plötzlich auf z. B. Nahrungsmittel aus) und „Etagenwechsel“ in die Lunge.
Achtung: Symptomlinderung durch Hausmittel oder Medikamente ist keine Therapie!


✏ Wie?
Bei Gräserpollenallergie steht die „Gräsertablette“ zur Verfügung – sie ist besonders unkompliziert einzusetzen. Bei anderen Allergien ist die subkutante Immuntherapie, also jene mittels Injektion, angezeigt. Auf diese Weise werden über einen längeren Zeitraum kleine Dosen des Allergens verabreicht, was auf Dauer zu
einer Gewöhnung führt.  

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