Übeltäter Darmflora

Macht uns der Darm dick?

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Studien zeigen: Ob jemand zunimmt oder nicht, kann auch am individuellen Darmmilieu liegen. Lesen Sie hier, wie Bakterien im Darm möglicherweise Ihre Abnehmversuche manipulieren, und was man dagegen tun kann!

Die eine Freundin isst, wonach ihr gelüstet: Torte, Pizza, Steak – und bleibt doch gertenschlank. Die andere wiederum nagt lustlos an Salat, Karottenscheiben und Gurken – und entfernt sich dennoch immer weiter von der Bikinifigur. Wie ist das möglich? Forschungsergebnisse legen nahe: Es kommt nicht nur auf die Gene an, sondern auch zu einem erheblichen Teil auf die Zusammensetzung unserer Darmbakterien, ob und wovon wir zunehmen. Erschreckend, aber wahr: Nimmt eine bestimmte Bakterienart überhand, verwandelt sich selbst ein Salatblatt in eine Kalorienfalle!
 
Wunderwerk Darm
Er ist rund sieben Meter lang, aufgeklappt so groß wie ein Fußballfeld, verdaut mehr als 30 Tonnen Nahrung und 50.000 Liter Flüssigkeit im Laufe eines Lebens: Der Darm. Er beherbergt rund 100 Billionen Bakterien aus mehr als 1.000 unterschiedlichen Arten, die während der Verdauung verwertbare Stoffe aus der Nahrung aufnehmen, sowie Schadstoffe bekämpfen und ausscheiden. Außerdem produzieren Darmbakterien eine Reihe von lebenswichtigen Vitaminen für uns Menschen. Nun verdichten sich aber die Hinweise, dass Darmbakterien auch an der Entstehung von Diabetes, Übergewicht und Fettleibigkeit beteiligt sind, sowie eine Rolle bei der Entwicklung von Allergien und psychischen Leiden spielen.

Übeltäter Darm?
Zwar steht die Forschung diesbezüglich noch eher am Anfang, gesichert ist allerdings, dass sich die Zusammensetzung des Darmmilieus von Normalgewichtigen und Übergewichtigen stark unterscheidet. Grundsätzlich lassen sich alle Bakterienarten, die für die unterschiedlichsten Aufgaben im Darm verantwortlich sind, in die beiden Gruppen „Bacteroidetes“ und „Firmicuten“ einteilen. Diese halten sich optimalerweise die Waage. Studien zeigen immer häufiger, dass bei übergewichtigen Personen diese empfindliche Balance gestört ist und der Darm von wesentlich mehr Firmicuten als Bacteroidetes besiedelt wird. In extremen Fällen können bis zu 2.000-mal mehr Firmicuten als Bacteroidetes den Darm besiedeln – mit fatalen Folgen für jede Diät. Denn Firmicuten sind richtiggehende „Moppel-Bakterien“. Sie können die für den Menschen eigentlich unverdaulichen Pflanzenfasern (Ballaststoffe) aufspalten und sorgen so dafür, dass selbst jede noch so kleine und gesunde Kalorie aus dem Salatblatt aufgenommen und als Fett gespeichert wird.

Alarm im Darm

Firmicuten sind wahre „Abnehm-Bremsen“, denn sie helfen dem Körper dabei, für schlechte Zeiten Nahrung in Form von Fett im Körper zu bunkern. Liegt ein Firmicutenüberschuss im Darm vor, verlieren sämtliche Kalorientabellen ihre Gültigkeit. Als Abbau-Nebenprodukte von Ballaststoffen entstehen nämlich winzige Kohlenhydrate, die zusätzlich zu den bewusst aufgenommenen Kalorien gespeichert werden. Es kann vorkommen, dass dank Firmicuten so bis zu 12 Prozent mehr Kalorien zugeführt werden, als man bewusst wahrnimmt – und das jeden Tag. Auf einen Monat aufgerechnet bedeutet das ein Mehr von bis zu 6.000 Kalorien! Eine weitere traurige Tatsache: Je mehr dieser winzigen Kohlenhydrate im Darm entstehen, desto besser können sich Firmicuten vermehren. Die Bacteroidetes werden immer weiter verdrängt, das Wunschgewicht rückt in weiteste Ferne. Die gute Nachricht allerdings lautet: Man kann sich gegen die Firmicuten-Übermacht wehren und den Darm wieder in eine gesunde Balance bringen.

Gesunde Darmflora
Wer nun den Verdacht hat, seine Diätfehlversuche seien nicht auf zu wenig Disziplin, sondern auf ein Zuviel an Firmicuten zurückzuführen, kann sich Gewissheit verschaffen: Unter dem Namen „Testkit Stuhldiagnostik“ ist in jeder Apotheke ein Test erhältlich, der Aufschluss über den Zustand Ihrer Darmflora gibt (um 3,90 Euro). Liegt tatsächlich ein Firmicuten-Überschuss vor, muss als nächster Schritt die Darmflora saniert werden – Sie können Ihrem Körper helfen, das Bakterienverhältnis wieder ins Lot zu bringen! Verzichten Sie vor allem auf „leere“ Kohlenhydrate (z. B. aus Zucker, Nudeln, Weißmehl), denn je weniger Kohlenhydrate im Darm vorhanden sind, desto schwerer können sich die Firmicuten vermehren. Probiotika und Präbiotika aus Apfelpektin helfen als Nahrungsergänzungsmittel, im Darm ein optimales Milieu zu schaffen. Die „Dickmacher-Bakterien“ Firmicuten werden verdrängt, die schlank machenden Bacteroidetes werden wieder vermehrt im Darm angesiedelt.

Tipps für einen gesunden Darm 1/5
Den Darm in Balance zu halten, ist gar nicht so schwer. Einige einfache Maßnahmen können zur Darmgesundheit beitragen:

Sauberkeit statt Hygiene:

95 Prozent der Bakterien sind für unseren Körper nicht schädlich. Solange niemand krank ist, hat Desinfektion im normalen Haushalt nichts zu suchen – unser Körper braucht Bakterien als „Trainingslager“.

BUCHTIPP: Darm mit Charme. Bestsellerautorin Giulia Enders verrät alles rund um das unterschätzte Organ; Ullstein Verlag, um 17,50 Euro.

 

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