Herz in Gefahr

Frauenherzen schlagen anders

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Frauen sterben doppelt so häufig an einem Herzinfarkt wie Männer

Es gibt ihn, den biologischen Unterschied zwischen Mann und Frau. Während die Genderforschung behauptet, Geschlechterunterschiede seien nur kulturell konstruiert, und die Medizin abseits der Gynäkologie meist strikt Gleichbehandlung praktiziert, entwickelt sich mit der Gendermedizin ganz langsam ein aufstrebender neuer Zweig in der Wissenschaft, der sehr wohl geschlechtsspezifische Aspekte bei Risiken, Diagnostik und Therapie berücksichtigt. Und mit gutem Grund. Denn Frauen sind keine kleinen Männer!

Rechtzeitig handeln!
25 Min. müssen Frauen beim Infarkt Warten, bis ihre Männer endlich einen Notarzt rufen. Frauen tun dies für ihre Männer nach nur 9 Minuten! 


Frauenherzen ticken anders

Im Durchschnitt ist das Herz einer Frau kleiner als jenes der Männer. „Frauen haben feinere Gefäße, einen höheren Körperfettanteil und einen niedrigeren Blutdruck, das bedeutet, Frauenherzen schlagen schneller und ‚verbrauchen‘ sich rascher“, erklärt Dr. Gabrielle Dienhart, Ärztin für Allgemeinmedizin und ärztliche Leiterin des la pura women’s ­health resort. Das „schwache Geschlecht“ hat auch weniger Hämoglobin im Blut und somit verglichen mit Männern weniger Sauerstoff.

Unterschiede im Überblick 1/4
1. Anatomie
Frauen haben feinere Gefäße (erschwert Katheteruntersuchungen), einen höheren Körperfettanteil und niedrigeren Blutdruck. Das bedeutet, Frauenherzen schlagen schneller und „verbrauchen“ sich rascher. Männer haben im Verhältnis zum Körper ein um 10 Prozent größeres Herz und mehr Hämoglobin (daran ist der Sauerstoff gebunden), wodurch Frauen im Vergleich weniger Sauerstoff haben.
   

Der weibliche Herzinfarkt
Obwohl Frauen doppelt so häufig an einem Herzinfarkt sterben wie Männer, hält sich hartnäckig das Vorurteil, es sei eine typische Männererkrankung. „Nach den Wechseljahren, wenn die Schutzwirkung des Östrogens wegfällt, entwickeln Frauen sogar mehr Herzkrankheiten als Männer“, so Dr. Dienhart. „Und nicht nur Infarkte, sondern auch Vorhofflimmern, Klappenveränderungen oder Arrhythmien.“ Diese Erkrankungen sind mittlerweile Todesursache Nummer eins bei Frauen. Allerdings kündigt sich ein „weiblicher Herzinfarkt“ meist anders an. Symptome wie Übelkeit, Oberbauchschmerzen, Rücken- oder Zahnschmerzen werden oft sogar von Ärzten falsch gedeutet und zu spät behandelt. Die feineren Gefäße der Frauen erschweren auch Herzkatheteruntersuchungen. „Statistiken zeigen, dass Frauen nach ihrem ersten Herzinfarkt doppelt so häufig versterben wie Männer, die im Allgemeinen wesentlich schneller auf die Intensivstation gelangen“, so die Expertin. Wie wenig die Unterschiede wahrgenommen werden, zeigt sich auch daran, dass ein Mann, dessen Frau zu Hause einen Herzinfarkt erlitten hat, erst nach rund 25 Minuten den Notarzt ruft, eine Frau im umgekehrten Fall bereits nach neun Minuten.

Dr. Gabrielle Dienhart im Talk 1/3
Frauen sterben häufiger an einem Herz­infarkt als Männer. Warum ist das so?

Dr. Gabrielle Dienhart: Der Herzinfarkt gilt noch immer als DIE Erkrankung des gestressten Mannes. Mit den Wechseljahren, wenn die Schutzwirkung des Östrogens wegfällt, entwickeln Frauen dann mehr Herzkrankheiten wie Infarkte, Vorhofflimmern, Klappenveränderungen, Arrhythmien als Männer. Diese Erkrankungen sind mittlerweile Todesursache Nummer eins. Statistiken sagen, dass Frauen nach ihrem ersten Herzinfarkt doppelt so häufig versterben wie Männer, die wesentlich schneller auf die Intensivstation gelangen. Frauen haben feinere Gefäße, was beispielsweise Katheteruntersuchungen erschwert. Auch können Medikamente für Frauen oft falsch dosiert oder weniger wirksam sein, da Medikamentenstudien  fast   ausschließlich an Männern durchgeführt werden. Diese sind in der Regel Mitte 30, wiegen mehr als Frauen, so dass hier dann falsche Werte zugrunde liegen. Auch gehen Frauen oft erst zu spät zum Arzt, weil ihre Symptome nicht infarkttypisch sind und sie dies selbst falsch einschätzen.

 
Weibliche Risikofaktoren

Einige Risikofaktoren fallen bei Frauen stärker ins Gewicht als bei Männern. Beispielsweise Rauchen oder die Anti-Baby-Pille können die Schutzwirkung des Östrogens bereits frühzeitig abschwächen. Dies erklärt wohl auch den Anstieg der Herzerkrankungen bereits bei jün­geren Frauen. Auch Mehrfachbelastung (Beruf, Haushalt, Familie) und die schlechtere Verarbeitung von emotionalem Stress trifft Frauenherzen stärker.   

Medikamente wirken anders

Frauen reagieren auch auf Medikamente anders. Aspirin beispielsweise, das vor Herzinfarkten schützen soll, wirkt bei Frauen im Unterschied zu Männern weniger oder gar nicht. Bestimmte Herzrhythmusmedikamente verursachen bei Frauen stärkere Nebenwirkungen und können bei zu hoher, nicht dem Geschlecht angepasster Dosierung sogar tödlich wirken. „Medikamentenstudien werden fast ausschließlich an Männern durchgeführt – aus Sicherheitsgründen, falls bei Frauen eine Schwangerschaft vorliegt und die Medikamente dem Embryo schaden. Dadurch liegen dann falsche Werte zugrunde“, betont Dr. Dienhart die Wichtigkeit, in der Medizin geschlechtsspezifische ­Aspekte zu berücksichtigen.
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