Aufklärungsarbeit

Entzündliche Darmerkrankungen sollten kein Tabu mehr sein

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Anstieg der Erkrankungen vor allem bei Jugendlichen

Rund 40.000 Menschen leiden in Österreich an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED). Um auf die Bedürfnisse dieser Patienten aufmerksam zu machen und das Bewusstsein für die Darmgesundheit zu erhöhen, findet am 27. Mai in Wien der "Lange Tag des Darms" statt. Bei einer Pressekonferenz am Mittwoch ging es den Experten darum, zu informieren und ein Tabuthema aufzubrechen.

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

"CED wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa sind Krankheiten, die in vielerlei Hinsicht unsichtbar sind", hielt Evelyn Groß von der Österreichischen Morbus Crohn-Colitis ulcerosa Vereinigung (ÖMCCV) fest. "Bis man mit seinen Symptomen an der richtigen Stelle ist, kann es sehr lang dauern." Groß ist seit 27 Jahren selbst von Morbus Crohn betroffen und spricht aus Erfahrung. Symptome wie Bauchschmerzen, Durchfall, Müdigkeit, Fieber, unzählige Arztbesuche, bei denen die Patienten oft nicht ernst genommen werden, und ein mitunter jahrelanger Weg zur richtigen Diagnose, das erleben viele Betroffene.

Starkes Tabu

Zudem seien CED nach wie vor mit einem starken Tabu behaftet. "Reden über Ausscheidungen ist schwierig", sagte Groß. Das mache es Patienten noch schwerer, mit der chronischen Krankheit zu leben und ihre Lebensqualität so gut wie möglich wiederherzustellen. Gerade bei jungen Menschen zwischen 14 und 18 Jahren sei zuletzt ein Anstieg an CED zu verzeichnen gewesen, sagte Harald Vogelsang, Präsident der Initiative "Darm plus". Für Österreich seien zwar keine Zahlen bekannt, aber in Deutschland habe es gemäß einer Studie den höchsten Anstieg an Neuerkrankungen bei Jugendlichen gegeben. Vogelsang sah hier einen Zusammenhang mit veränderten Umweltbedingungen. Auch in Skandinavien, so Groß, sei man zu ähnlichen Ergebnissen gekommen.

Soziale und berufliche Isolation

Betroffene seien gefährdet, aufgrund der Auswirkungen von Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa (Entzündung des Dickdarms) - u. a. lang anhaltende Durchfälle, Blutungen, Erschöpfungszustände - neben allen physischen Schwierigkeiten auch noch in eine soziale und berufliche Isolation zu geraten, warnte Groß: "Wer versteht mich schon, wenn ich Termine absagen muss, aber nicht darüber reden will." Bei einer Erkrankung im Jugendalter können außerdem Wachstumsstörungen auftreten.

Spezialisierte Zentren

In Sachen Versorgung würde man sich eine gezielte, rasch zugängliche ambulante Betreuung in spezialisierten Zentren wünschen, sagte Vogelsang. Ein entsprechendes Konzept für Wien sei bereits erarbeitet worden, es habe bisher jedoch keine "Annahme durch entsprechende politische Stellen gefunden". Erich Schmatzberger vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger führte hierzu an, dass bereitgestellte Gelder von den Spitälern selbst verwaltet werden. Generell lege die Sozialversicherung neben der Behandlung einen Schwerpunkt auf Prävention. Die Koloskopie zur Früherkennung von Darmkrebs sei etwa für Menschen über 50 Jahren neu ins Vorsorgeprogramm aufgenommen worden.

Maßnahmen wie Ernährungsberatung durch Diätologen oder eine psychotherapeutische Betreuung von Betroffenen, die wegen der chronischen Erkrankung besonders belastet sind, gibt es jedoch nach wie vor nicht "auf Kasse". Eventuell werden diese im Rahmen der neuen Form der "Primärversorgung" berücksichtigt, so Schmatzberger. Hierzu seien Begutachtungen am Laufen.

Langer Tag des Darms

Der "Lange Tag des Darms" will speziell für Betroffene und interessierte Laien ein breites Programm zur Thematik bieten. Der Aktionstag findet am 27. Mai im Wiener Museumsquartier bei freiem Eintritt statt. Bereits am 19. Mai wird anlässlich des Welt-CED-Tages im Rahmen einer Solidaritätsaktion das Riesenrad violett beleuchtet.

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