Glücksformel

Die Kraft der Nähe

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Darum sind Beziehungen das wertvollste Instrument für unsere Gesundheit und unser Glück.

Eine Langzeitstudie der Harvard University beschäftigt sich seit über 85 Jahren mit der Glücksformel. Das Resultat der Untersuchungen ist für die Wissenschaftler:innen, aber auch für die Teilnehmer:innen selbst verblüffend.

Glück ist laut Aristoteles das höchste Ziel des menschlichen Lebens. Die Menschen streben von jeher danach und Forscher: innen verschiedener Fachrichtungen wie Philosophie, Soziologie, Psychologie, Neurologie, Biologie und Ethnologie ermitteln, was uns eigentlich glücklich macht. Seit dem Jahr 1938 suchen auch Wissenschafter:innen der Harvard University in einer Langzeitstudie unter dem Namen "Harvard Study of Adult Development" die Glücksformel. Vor etwa dreißig Jahren wurden sie fündig und präsentieren nun die überraschenden Ergebnisse in einem TED-Talk (TED: Abkürzung für Technology, Entertainment, Design; Experten stellen in max. 18 Minuten Ideen vor), einem Interview und in einem englischsprachigen Buch ("The Good Life" von Robert Waldinger und Marc Schulz, Simon &Schuster Verlag um 19,80 Euro).

Das überraschende Resultat

Angehörige der Generation-Y denken, dass sie für ein glückliches Leben Ruhm, Reichtum und hervorragende Leistungen erlangen müssen -das zeigen Umfragen. Dieselbe Ansicht hatten die Teilnehmer der Studie in ihrer Jugend, verrät Dr. Robert Waldinger, vierter und derzeitiger Leiter der Langzeitstudie im TED-Talk. Doch das Ergebnis ließ alle - selbst die Wissenschafter:innen -staunen, denn die wichtigste Botschaft der Harvard-Studie lautet: "Gute Beziehungen machen glücklicher und gesünder", so Dr. Waldinger.

Seit nunmehr 85 Jahren begleiten die Harvard-Forscher:innen über 2.000 Personen -anfangs nur Männer und seit etwa achtzehn Jahren auch Frauen. Sie interviewen die Teilnehmer:innen der vermutlich längsten jemals durchgeführten Studie, die immer noch weiterläuft. Sie filmen sie, lesen auch ihre Krankenakte, untersuchen ihr Gehirn, nehmen ihnen Blut ab und sprechen mit ihren Kindern.

Doch die Befunde sagen nichts über Reichtum oder Ruhm aus. Sie zeigen allerdings, dass Einsamkeit toxisch und in weiterer Folge auch tödlich wirken kann. Einsame Menschen sind weniger glücklich, ihre Gehirnfunktion lässt mehr nach, ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich früher und sie sterben meist frühzeitig.

Wie Beziehungen wirken

Doch woran liegt das? Wie beeinflussen Beziehungen unser Glück und unsere körperliche Gesundheit? Wie Dr. Waldinger in einem aktuellen Interview preisgibt, hat das viel mit Stressbewältigung zu tun. "Gute Beziehungen erweisen sich als Stressregulatoren", expliziert der Wissenschaftler kürzlich in einem Interview mit "TED". Denn ist man gestresst - und Stress ist nun einmal Teil unseres Lebens wird im Körper eine Kampf oder Fluchtreaktion aktiviert- durch Aktivierung von Stresshormonen. Das führt unter anderem zu Herzrasen, man schwitzt und fühlt sich einfach nicht wohl. Wir müssen täglich dafür sorgen wieder ins Gleichgewicht zukommen, sobald der Stressor (Stressauslöser) verschwindet. Hat man zu Hause jemanden zum Reden, auch ein Telefonat hilft, kann man förmlich spüren, wie sich der Körper wieder beruhigt. "Einsame Menschen verfügen jedoch nicht über die Stressregulatoren, wie man sie durch gute Beziehungen erhält", so-Dr. Waldinger. So verharren sie in einem chronischen Kampf oder Fluchtmodus, ihr Körperleidet unter chronischem Stress sowie hohen Entzündungswerten und verschiedene Körperfunktionen werden schließlich beeinträchtigt.

Qualität statt Quantität

Noch etwas konnte die Studie zeigen: Die Anzahl von Freund:innen ist nicht relevant. Es ist auch nicht wichtig, ob man in einer festen Beziehung ist - lediglich die Qualität der Beziehungen bzw. Freundschaften zählt. Im Konflikt zu leben wirke sich etwa nachteilig auf die Gesundheit und das Glücksempfinden aus. Eine aufrichtige Beziehung sei förderlich für das Wohlbefinden, eine Scheidung hingegen verschlechtere die Gesundheit. Man muss auch keine intime Beziehung pflegen jede Art von Beziehung unterstütze das Wohlbefinden. Förderlich seien beispielsweise Freundschaften, aber auch Kontakte zu Verwandten oder eine Beziehung zu Arbeitskolleg:innen. Sogar Gespräche mit Fremden im Alltag seien wirksam - zum Beispiel im Supermarkt oder im Kaffeehaus.

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