Terror(warnungen)-Effekt

Das macht Terror mit dem Menschen

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Terror und Alarmmeldungen wirken durch die Verunsicherung der Menschen

Terror und vor allem Terrorwarnungen - letztere wie jene vom Donnerstag in Österreich - sind derzeit in Europa häufiger geworden. Ihr psychologischer Effekt verläuft über den Weg der Verbreitung von Angst bei nicht direkt Betroffenen. Dies betonte am Donnerstag der Wiener Professor für Sozialpsychiatrie, Johannes Wancata (MedUni Wien). "Die Wirkung hängt davon ab, wie viel wir 'mitspielen'."

Angst als Ziel

"Terrorismus hat vor allem zum Ziel, bei einer größeren Gruppe der Bevölkerung Angst zu verbreiten. Das geht über die Verletzung oder Tötung der direkt Betroffenen hinaus", sagte Wancata. Ohne dieses Ziel zu erreichen, hätte der Terrorismus seine Intentionen nicht umgesetzt.

Jede übertriebene Angst sei unangebracht. "Im Grunde leben acht Millionen Menschen in Österreich in einer sicheren Umwelt. Es gab in den 1970er-, 1980er- und 1990er-Jahren in Europa zahlreiche Terroranschläge. Man hat das damals als Normalität angenommen und ist mit der Bedrohung wie mit anderen Problemen umgegangen. Natürlich ist es richtig, etwas zu kontrollieren, um eventuell die Sicherheit zu erhöhen. Wir haben uns an die Kontrollen auf Flughäfen gewöhnt", sagte der Psychiater.

Terror schwächt den Zusammenhalt

Doch der Terror ziele eben über das aktuelle Ereignis hinaus. Das gelte auch für überzogene Reaktionen auf Alarmmeldungen. Für die breite Öffentlichkeit ist der psychologische Effekt in beiden Fällen das Entscheidende. Es benötige keine physische Gewalt, um Angstreaktionen auszulösen. "Wenn eine Gesellschaft von Terror bedroht wird oder sich bedroht fühlt, kann sie beim Gegensteuern über das Ziel hinausschießen. Dann sind Menschenrechte und Pressefreiheit bedroht", sagte Wancata.

Terror und Angst davor lösen aber noch viel tiefer gehende Wirkungen aus. "Das führt dazu, dass in der Gesellschaft einzelne Gruppen aufeinander losgehen. Terror will die Gesellschaft schwächen und bewirkt das damit. Zusätzlich kommt es dazu, dass das Gefühl entsteht, dass die politisch Verantwortlichen zu wenig oder das Falsche tun, um die Bevölkerung zu schützen. Die Entscheidungsträger reagieren dann oft mit überzogenen Maßnahmen. Und das macht die Bevölkerung leicht noch unzufriedener", sagte Wancata.

Zurückhaltung von Exekutive, Medien und Nutzer sozialer Medien nötig

Rational müsse es in eine andere Richtung gehen. "Polizei und Medien sollten über solche Dinge sachlich informieren, ohne Panik zu verbreiten", sagte Wancata.

Das gelte aber im Grunde für jeden einzelnen Menschen, der (auch) soziale Medien wie Facebook etc. benutze. Da hätte jeder Konsument und Akteur eine Verantwortung. "Gerade nach dem Amoklauf in München hat man ja gesehen, dass da in der Kommunikation etwas schief gelaufen ist."

Terror(alarm) kann aber auch vulnerable Menschen besonders belasten. Das gilt zunächst einmal für Menschen, die an sich schon an Angstzuständen leiden. Hier kann es zu einer Verstärkung kommen. "Wenn das nicht nach einem Tag wieder abklingt, sollte professionelle Hilfe gesucht werden", sagte Wancata. Darüber hinaus können die Warnungen auch Menschen beeinträchtigen, die schon schlimme Situationen erlebt haben.

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