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Dr. Sabine Oberhauser im Talk

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Dr. Sabine Oberhauser im Talk

Mit dem Auftakt des Breast-Cancer-Aware­ness-Monats Oktober wurde auch die Diskussion um das 2014 eingeführte Brustkrebs-Früherkennungsprogramm wieder lauter. Hauptkritikpunkte sind : 1.  der Informationsmangel, der in der Bevölkerung vorherrscht, und 2., dass Ärzte durch die Aufhebung der Überweisungspflicht zu wenig eingebunden sind. Wird das Programm zu Recht kritisiert?

Dr. Sabine Oberhauser: Dem Gefühl eines Informationsmangels versuchen wir durch zahlreiche Maßnahmen beizukommen. Die Programmverantwortlichen informieren intensiv seit Ende 2014 auf allen zur Verfügung stehenden Kanälen, im TV, auf Plakaten, über Printschaltungen, Online auf www.frueh-erkennen.at, via Social Media, Presse und auf Veranstaltungen, wie z. B. der Österreich-Tour etc. Die Informationsmaterialien und Kommunikationskanäle werden kontinuierlich optimiert. Wir bemühen uns vor allem, die Zielgruppe bestmöglich und in einer hohen Qualität zu informieren.

Und zum Thema Überweisungspflicht?

Dr. Oberhauser: Das Brustkrebs-Früherkennungsprogramm richtet sich an vermeintlich gesunde Frauen. Der Weg, wie Frauen daran teilnehmen können, wurde möglichst niederschwellig konzipiert. Der Wegfall der Zuweisung durch Freischaltung der e-card stärkt vor allem Frauen, die nicht regelmäßig zur Vorsorge gehen oder keinen Vertrauensarzt oder -ärztin haben. Jede teilnahmeberechtigte Frau kann sich einen Termin vereinbaren und einfach mit der e-card zur Untersuchung gehen, ohne sich vorher eine Überweisung besorgen zu müssen.

Wie zufrieden sind Sie mit dem Status quo, das Screening-Programm betreffend?

Dr. Oberhauser: Das Programm ist mit Start 2014 verhältnismäßig jung, läuft aber im Wesentlichen gut. Ein erster Evaluierungsbericht wird im ersten Quartal 2017 erwartet. Dann können erste Aussagen zum Erfolg des Programms gemacht werden. Noch konkretere Schlussfolgerungen zu Erfolg, Prozess- und Ergebnisqualität werden aber erst nach einer längeren Laufzeit möglich sein.

Was ist positiv?

Dr. Oberhauser: Was sich jetzt schon zeigt, ist, dass wir die „richtigen Frauen“ in Österreich erreichen. Das Screening wird vorwiegend von Frauen zwischen 45 und 69 Jahren in Anspruch genommen. Für Frauen dieser Altersgruppe ist der Nutzen besonders hoch und das Risiko möglichst gering. In Österreich ist zudem die Teilnahme am Früherkennungsprogramm bereits ab 40 Jahren möglich, was im europäischen Vergleich einmalig ist. Wir haben auch keine Altersgrenze nach oben. Außerdem steigt die Anzahl der in Anspruch genommenen Mammografien kontinuierlich. Die Bekanntheit und die Akzeptanz des Programms sind gestiegen. Gut liegen wir auch bei der Wiedereinladungsrate. Das ist die Rate jener Frauen, die zur weiteren Abklärung nach ­einer Mammografie kommen müssen. Die Rate betrug 2015 in Österreich lediglich rund 4 Prozent. Eine niedrige Wiedereinladungsrate ist ein Qualitätskriterium, das darauf hinweist, dass keine unnötigen Untersuchungen gemacht werden. Besonders positiv ist auch die hohe Qualität der Untersuchungen. Im Rahmen des Programms sind hohe Qualitätsstandards einzuhalten. Die Radiologinnen und Radiologen müssen eine Weiterbildung erwerben, um am Programm teilnehmen zu dürfen. Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der radiologischen Stand­orte werden eigens geschult. Es werden ausschließlich strahlungsarme digitale Geräte verwendet, die laufend überprüft werden. Und die Mammografie-Aufnahmen werden immer unabhängig von zwei Radiologinnen bzw. Radiologen nach dem 4-Augen-Prinzip ausgewertet.

Warum sind Ihrer Meinung nach zwei Jahre nach Einführung des Programms so viele Fragen und Forderungen offen? Wo liegt sozusagen der Hund begraben?

Dr. Oberhauser: Ein so großes Projekt wie das Brustkrebs-Früherkennungsprogramm braucht eine gewisse Anlaufzeit, und manche Fragen ergeben sich erst in der Umsetzungs­phase. Darauf muss man rasch reagieren, um den Ablauf im Sinne der Frauen so reibungslos wie möglich zu gestalten.

Vorsorge und Screening-Programm betreffend – was ist Ihre Botschaft an die Öster­reicherinnen?

Dr. Oberhauser: Der Früherkennung kommt eine besondere Bedeutung zu: Je früher Brustkrebs erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Als Gesundheits- und Frauenministerin wünsche ich mir für das Programm, dass es sich weiterhin gut entwickelt und appelliere daher an alle Frauen in der Zielgruppe, daran zu denken und alle zwei Jahre zur Früherkennungsmammografie zu gehen.

Der Oktober steht im Zeichen der Krebserkrankung der Frau. Inwieweit hat Ihre persönliche Geschichte Ihr Engagement und Ihre Sensibilität für das Thema Vorsorge verändert?

Dr. Oberhauser: Als Ärztin weiß man natürlich um die Bedeutung von Vorsorge Bescheid. Das Thema war mir daher auch vor meiner eigenen Erkrankung schon immer ein wichtiges Anliegen. Und gerade für eine Ministerin, die sowohl für gesundheitliche Belange als auch für die Anliegen von Frauen zuständig ist, nimmt das Thema Brustkrebs natürlich einen wichtigen Stellenwert ein.

Wie geht es Ihnen derzeit gesundheitlich?

Dr. Oberhauser: Es wird langsam wieder besser. Meine Konstitution jetzt, bei der zweiten Chemo, ist schlechter als damals vor der ersten, weil ich die Nachwirkungen einer OP vom Sommer noch spüre, die leider mit Komplikationen verbunden war. Aber ich stelle mich der Herausforderung und kämpfe weiter gegen den Krebs. Ich will weiterleben, da heißt es: Augen zu und durch!

Sie stehen trotz neuerlicher Chemotherapie voll im Beruf – in einem Beruf, der körperlich und seelisch einiges abverlangt. Wie ­lassen sich Gesundheit und Job vereinbaren?

Dr. Oberhauser: Ich muss mir meinen Arbeitstag noch genauer einteilen als früher. Abendtermine kann ich derzeit nur die allernötigsten machen. Im Büro habe ich eine Liege, von der aus ich auch schon mal eine interne Sitzung im Liegen geleitet habe.

Das Thema Erkrankung und Job ist ein schwieriges, vor allem wenn man sich seine Arbeitszeit nicht frei einteilen kann.  Sie haben bereits laut über die Einführung des „sanften Einstiegs nach Erkrankung“ nachgedacht. Wie aktuell ist das Thema?

Dr. Oberhauser: Das Thema „Wiedereinstieg nach langem Krankenstand“ ist ein brandaktuelles. Immer mehr Menschen wollen nach längerer Krankheit, wie nach einer Krebserkrankung, nach einem Schlaganfall oder nach einem Burn-out, wieder ins Berufsleben einsteigen, aber eben langsam und schonend. Was natürlich damit nicht verbunden sein darf, ist, dass Menschen vom Arbeitgeber gezwungen werden, auch im Krankheitsfall weiterzuarbeiten. Ich vermeide daher den Begriff „Teilzeitkrankenstand“. Denn das könnte ja auch bedeuten, ich muss auch arbeiten gehen, wenn ich mir die Hand gebrochen habe, weil ich mit der anderen ja eh noch schreiben kann. Für das Thema sind aber Sozialminister Alois Stöger und die Sozialpartner zuständig. Meines Wissens sind die Verhandlungen zum Wiedereinstieg nach langem Krankenstand schon sehr weit gediehen. Da sollte bald etwas präsentiert werden.

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