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Alles rund ums neue Allergen-Gesetz

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14 Buchstaben sollen künftig in Speisekarten Auskunft über mögliche Allergene im Essen geben.

Nüsse, Milch, Fisch – Stoffe, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen können, gibt es viele. Wo früher Eigeninteresse und der ­gesunde Hausverstand ausreichten, soll nun eine neue EU-Verordnung für mehr ­Sicherheit von Allergikern führen. Seit
13. Dezember müssen alle, die Speisen und Getränke weitergeben, so etwa auch Imbis-Buden, Bäcker und Fleischer, Konsumenten über mögliche Allergene in ihren Produkten informieren.

Informationspflicht
Dieser Informationspflicht kann nachgekommen werden, indem auf die häufigsten Allergene mit einem 14 Buchstaben umfassenden Code (siehe nächste Seite) extra hingewiesen wird, oder aber es ist ein speziell geschulter Mitarbeiter anwesend, der die Gäste mündlich aufklären kann. „Diese Schulung der Mitarbeiter kann beispielsweise durch einen kostenpflichtigen Kurs, wie ihn das Wifi anbietet, erfolgen“, erklärt die Wiener Gastwirtin Monika H.

Schulungsinhalte sind eine Vermittlung der Wichtigkeit der Allergeninformation und Kenntnisse über die allergenen Stoffe. Eine Auffrischung muss zumindest alle drei Jahre erfolgen. Laut dem Fachverband für Gastronomie in der Wirtschaftskammer sind rund 110.000 Personen schulungspflichtig. In jedem Fall muss aber für jede Speise und für jedes Getränk eine schriftliche Aufzeichnung bereit gehalten werden, ­jede Variation erfordert ein eigenes Datenblatt. „In Zukunft müssen wir also eine neue Speisekarte und ein neues Datenblatt anfertigen, wenn wir saisonale Produkte in unser Angebot einbauen. Gibt es beispielsweise statt Champignons Eierschwammerl in der Sauce, müssen wir das schriftlich festhalten“, so die Wirtin weiter. Jede kreative Variation ist künftig also mit neuem bürokratischem Aufwand verbunden. „Da überlegen wir uns zweimal, ob wir uns das antun.“

Überprüft wird die Einhaltung des ­Gesetzes durch die Lebensmittelinspektoren, bei einem Verstoß drohen bis zu 50.000 Euro Strafe, im Wiederholungsfall sogar bis zu 100.000 Euro. Neben dem ­erhöhten Zeit- und Kostenaufwand befürchten die Gegner des Gesetzes, dass nicht nur die Frische der Speisen auf der Strecke bleibt, sondern auch die Kreati­vität. Streng nach Rezept zu kochen und halbfertige Produkte zu verarbeiten, scheint die Zukunft der Wirtshausküche zu werden.

Allergiker skeptisch

Selbst jene, für die das Gesetz gedacht war, sind nicht restlos begeistert. Josef K., selbst Allergiker, bringt es auf den Punkt: „Ich leide an einer starken Erdnuss-Allergie. Esse ich versehentlich Nüsse, kann das ­lebensbedrohliche Folgen haben. Es liegt also schon in meinem eigenen Interesse, dass ich mich beim Kellner erkundige und ihn darauf hinweise. Bisher hat das problemlos geklappt. Es ist ja auch begrüßenswert, dass sich Wirte mit ihren Speisen auseinandersetzen. So aber besteht die Gefahr, dass Allergiker in falscher Sicherheit gewogen werden. Was, wenn der Wirt seine Speisekarte sorgfältig erstellt hat, aber genau diesen einen Buchstaben übersieht? Ich werde auch in Zukunft einfach vor meiner Bestellung nachfragen.“

Wirklich umfassend ist die neue Verordnung auch nicht: Da Spuren von Allergenen nicht extra ausgewiesen werden müssen, kann es trotzdem weiterhin sein, dass Allergiker mit unerwünschten Folgen nach dem Essen rechnen müssen. Betroffen sind vor allem Menschen, die an Zöliakie leiden. „Wenn auf einer Packung „Kann Spuren von Gluten enthalten“ ­vermerkt ist, muss das nämlich auf der Speisekarte nicht extra vermerkt werde“, so die Diätologin Cornelia Romstorfer-­Bauer. Für sie greift das Gesetz zu kurz, um echten Schutz zu bieten. Die nächste Neuerung steht für Dezember 2016 an: Dann nämlich müssen in Speisekarten auch die sogenannten „big seven“ angeführt werden: Brennwert, Fett, gesättigte Fettsäuren, Kohlenhydrate, Zucker, Eiweiß und Salz.

Allergen-Alphabet 1/14
A: Glutenhaltiges
Getreide: Weizen, Dinkel, Khorasan-Weizen, Kamut, Emmer, Einkorn, Grünkern, Roggen, Gerste, Hafer sowie daraus hergestellte ­Erzeugnisse; ausgenommen ist Getreide zur Herstellung von Alkohol.


Laktoseintoleranz

Umfragen zufolge leiden etwa ein bis fünf Prozent der Bevölkerung an einer echten Allergie, während bis zu ein Drittel von Unverträglichkeiten betroffen ist. Am häufigsten: die Laktose­intoleranz. Bis zu drei Viertel der Weltbevölkerung können nach dem vierten bis sechsten Lebensjahr Laktose (Milchzucker) nicht mehr vollständig abbauen. Die Beschwerden reichen von unangenehmem Völlegefühl bis hin zu Blähungen, Bauchkrämpfen und Durchfällen. Auch Übelkeit und Erbrechen zählen zu den Begleiterscheinungen. Typischerweise treten diese rund 30 Minuten nach dem Verzehr auf.

Histaminintoleranz

Etwa zehn Prozent der Nahrungsmittelunverträglichkeiten entfallen auf Histaminintoleranz. Dabei kann der Körper das Gewebehormon, das bei der Ver­arbeitung, Reifung und Lagerung von ­Lebensmitteln entsteht, nicht abbauen. Betroffene leiden an Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Störungen im Magen- Darm-Bereich, Nesselsucht, Ödemen, Müdigkeit oder Schlafstörungen.

Fruktoseintoleranz

Fruchtzucker (Fruktose) ist ein natürlicher Bestandteil von Früchten und Gemüsesorten. Er befindet sich auch in Honig, Fruchtsäften, Joghurt, Marmelade und Süßwaren. Er wird häufig als Austauschstoff für Haushaltszucker verwendet, daher enthalten viele kalorienreduzierte Lebensmittel Fruktose. Nicht verwechselt werden darf eine Fruktoseintoleranz mit der heredi­tären Fruktoseintoleranz, die lebensbedrohlich sein kann.

Glutenintoleranz

Bis zu ein Prozent der Bevölkerung von Industrieländern ist von Zöliakie betroffen. Dabei reagiert die Dünndarmschleimhaut empfindlich auf Gluten, das Klebereiweiß in Getreidesorten wie Weizen, Roggen oder Gerste. Typische Symptome sind Durchfall, Gewichtsverlust oder indirekte Anzeichen wie Blutarmut und Osteoporose.
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