Schmerzen reduzieren

So wird der Rücken fit

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Die Gesundheit des Rückens kann man durch Bewegung erhalten oder fördern -auch mit Schmerzen. Welche Sportarten geeignet sind und wie man den inneren Schweinehund überwindet.

Er ist faszinierend, komplex und prinzipiell ausreichend belastbar sowie beweglich. Das liegt nicht zuletzt an den Muskeln des Rückens, die über eine Regenerationsfähigkeit verfügen. Hat man Rückenschmerzen, kann das auch an über- und unterforderten Muskeln liegen, so die Psychotherapeutin Dr. Marion Heinrich, der Sportwissenschaftler Michael Hamel und der Orthopäde Dr. Ulf Marnitz im Buch "Ihr Weg aus den Rückenschmerzen". Das bedeutet, selbst wenn unsere Knochen und Bandscheiben im Laufe des Lebens an Masse verlieren, sich abnutzen oder weniger elastisch sind, sei eine Kompensation meist über eine gut funktionierende Muskulatur möglich. Die erreiche man über sportliche Aktivität.

Breite Palette der Sportangebote

Eine Vielzahl verschiedener Sportarten zur Erhaltung und Förderung der (Rücken-)Gesundheit - wie etwa Walken, Laufen, Tennis, Tanzen, Yoga, Klettern usw. - stehen zur Verfügung. Dieses vielfältige Bewegungspotenzial sei laut den Autor:innen ein Beleg für den großen Bewegungsdrang des Menschen. Einen wichtigen Beitrag in puncto Rückengesundheit leisten etwa Ausdauertraining mit leichter Intensität wie etwa Schwimmen oder Walken. Bei muskulären Beschwerden (Anm.: Z. B. Rückenschmerzen durch langes Sitzen infolge eines Bürojobs) sind gymnastische Übungen zu empfehlen. Führt Sport einmal punktuell zu einer Schmerzverstärkung, reduziert ein sportliches Freizeitverhalten dennoch langfristig das Auftreten von Beschwerden. Das Risiko für Rückenschmerzen sei durch Bewegung nicht erhöht, betonen die Autor:innen. Einen Hinweis auf die eine "richtige" Sportart gibt es auch nicht -die Bewegung soll zum Lebensstil passen, Spaß machen und das Wohlbefinden fördern. Um Belastungen zu reduzieren, solle man sich nur um eine gute sportliche Technik bemühen. Das gesundheitlich wirksame Mindestmaß für Sport liege bei etwa zwei bis vier Stunden pro Woche.

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Perfekter Ausgleich

Die Autor:innen empfehlen bei Rückenproblemen, sich einige Gedanken bezüglich der Sportart zu machen, die man praktiziert: Trainiert meine sportliche Aktivität die Beweglichkeit und Kraft der Wirbelsäule? Erreicht mein Alltag und/oder mein Beruf einen körperlichen Ausgleich durch den Sport? 

Aktiv trotz Schmerzen

"Die meisten Rückenschmerzen haben keine schwerwiegende oder gefährliche körperliche Ursache", so die Autor:inen. Es empfiehlt sich dennoch, ernsthafte Erkrankungen z. B. mittels MRT abzuklären, dann steht der regelmäßigen Bewegung (fast) nichts mehr im Wege. Denn Ruhe und Schonung seien nur kurzfristig gut, steht im Buch "Ihr Weg aus den Rückenschmerzen". Langfristig lohne es sich, Bewegung und Entspannung wie etwa einfache Atemübungen oder Tagträumen (Anm.: Z. B. sich einen Wohlfühlort vergegenwärtigen) zu kombinieren. Jedoch können Rückenschmerzen teilweise so schmerzhaft sein, dass sie das Bewegungsverhalten blockieren. Es erfordert Motivation, um sich zu bewegen. Manchmal bleibt sie aber auf der Strecke, man erfährt Rückschläge oder Probleme. "Jede Übung, jedes Training beginnt im Kopf mit der richtigen Einstellung", schreiben die Rückenexpert:innen. Eine positive innere Haltung zu entwickeln, mache daher Sinn. Man könne beispielsweise immer einige Sätze oder Affirmationen als Notfallmaßnahme gegen den inneren Schweinehund parat haben. Sagt er etwa "ich bin müde und es ist zu kalt", kann man sich so motivieren: "Die Voraussetzungen sind nicht optimal, aber ich besteige nicht den Everest, sondern mache nur Übungen." Hat man die Wahrnehmung "es tut weh", kann man sich so bestärken: "Ich führe die Übung langsam aus, während des Trainings wird es besser, ich kann ja jederzeit aufhören." Empfindet man den Sport als zu langweilig, hilft der Spruch: „Vielleicht bin ich unterfordert und brauche andere Übungen."

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Schmerz-Fakten

Ursachen:

Die Ursachen sind sehr vielfältig oder auch komplex. Die meisten Rückenschmerzen haben keine schwerwiegende oder gefährliche körperliche Ursache. Eine akute Rückenschmerzattacke ist sehr beunruhigend. Dabei auftretende Schmerzen sind allerdings selten durch eine ernsthafte Verletzung bedingt. "Verschleiß" ist bis zu einem gewissen Grad normal. Häufig lassen sich keine eindeutigen strukturellen (z. B. Bandscheibenvorfall) Ursachen finden oder diese erklären nicht die Beschwerden. Das ist zunächst verwirrend, bedeutet aber, dass keine ernsthafte Schädigung vorliegt. Dafür lässt sich das Problem oft mit funktionellen (z. B. Kraftdefizit), verhaltensbezogenen (z. B. Bewegungsmangel), emotionalen (Belastungsangst) oder kognitiven Faktoren eingrenzen, die sich durch ein angemessenes gesundes Verhalten beeinflussen lassen.

Verlauf:

Rückenschmerzen sind sehr individuell. Sie lassen in den meisten Fällen von allein so weit nach, dass die gewohnten Aktivitäten wieder aufgenommen werden können. Länger anhaltende Schmerzen bedeuten ebenfalls keine ernsthafte Erkrankung.

Diagnostik:

Ausschließen, aber auch verunsichern. Nicht alles, was man sehen kann, ist eine Erklärung für die Schmerzen und auch nicht zwingend relevant für die Behandlung. Insbesondere die Beurteilung der körperlichen Funktionen liefert Lösungsansätze.

Therapie:

Vieles kann man selbst tun. Behandelnde können eine Hilfestellung und Ideen geben, aber Sie sind der Boss Ihres Rückens. Ruhe und Schonung ist kurzfristig gut. Die Kombination von Bewegung und Entspannung ist langfristig zu überlegen. Operationen sind nur selten notwendig. Bei einer Operationsempfehlung lohnt es sich, eine ärztliche Zweitmeinung einzuholen und zunächst den aktiven konservativen Weg auszuprobieren.

Sportliche Aktivitäten

Wandern, Walken und Nordic Walking
Wirkung:
Ausdauer
Diese Sportarten sind bestens dosierbar, kontrollierbar und gut für den Einstieg geeignet. Sie sind natürliche Bewegungen und fördern somit viele positive Aspekte.
Ergänzung:
Parallel sind Beweglichkeit und Kraft zu trainieren. Spielsportarten u.a. können eine sinnvolle Abwechslung sein.

Radfahren
Wirkung:
Ausdauer
Radfahren lässt sich gut mit dem Alltag verbinden. Die Bauart des Fahrrades, die Dauer und das Gelände bestimmen die Anforderungen.
Ergänzung:
Kraft und Beweglichkeit für den Rumpf sind die optimale Ergänzung.

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Laufen
Wirkung:
Ausdauer
Laufen ist anspruchsvoller, als es aussieht. Die wichtigsten Regeln sind: aktive aufrechte Haltung, lockerer Schwung, Fußaufsatz unter dem Körper. Durch das Laufen verbessert sich die Ausdauer, die Kraft aber nicht unbedingt. Der Rumpf wird relativ wenig genutzt.
Ergänzung:
Für eine gute Technik werden Beweglichkeit und Kraft für Beine und Rumpf benötigt. Fortgeschrittene können insbesondere auf die Kraft im hinteren Oberschenkel achten.

Schwimmen
Wirkung:
Ausdauer
Schwimmen ist mit der optimalen Technik sehr schonend für die passiven Strukturen. Wer diese nicht hat, gönnt sich Pausen von der potenziell überstreckten Haltung. Die schwingende Bewegung beim Schwimmen hat eine lockernde Wirkung.
Ergänzung: Beweglichkeit und Kraft für den Rumpf sind parallel zu trainieren.

Yoga und Pilates
Wirkung:
Beweglichkeit
Diese Aktivitäten trainieren sehr viele Fähigkeiten im ganzen Körper. Die Belastung hängt vom Schwierigkeitsgrad der Übung ab.
Ergänzung:
Ein Ausdauertraining, vielleicht auch in spielerischer oder tänzerischer Weise, macht das Training komplett.

Tanzen
Wirkung:
Ausdauer
Tanzen beinhaltet sehr viele Bewegungsmuster. Einige können eventuell Schmerzen provozieren. Ablenkung und Abwechslung werden die meisten Abläufe ermöglichen.
Ergänzung:
Die Mobilisation für den Rumpf kann zum Aufwärmen eingebaut werden. Die Kraft des Rumpfes sollte zusätzlich trainiert werden.

Fitness- und Gerätetraining
Wirkung:
Beweglichkeit, Kraft, Ausdauer
Durch Fitness- und Geräteübungen kann man alle Fähigkeiten auf eine sehr kontrollierbare Weise trainieren. Übungen, Belastungen, Dauer usw. lassen sich frei wählen.
Ergänzung:
Sportarten mit einem hohen koordinativen Anteil bringen eine sinnvolle Abwechslung.

Tennis, Badminton, Squash und Volleyball
Wirkung:
Koordination, Schnelligkeit
Trainieren spielerisch den gesamten Körper. Eine gute Technik und Taktik reduzieren Belastungsspitzen.
Ergänzung:
Beweglichkeit und Kraft für den ganzen Körper, insbesondere zum Ausgleich der einseitig betonten Schlagbewegung.

Rudern
Wirkung
: Ausdauer
Rudern trainiert den ganzen Körper dosiert, wenn man die Frequenz niedrig hält. Eine Herausforderung kann die Haltungskontrolle für die Halswirbelsäule sein. Die Lendenwirbelsäule reagiert oft überraschend positiv.
Ergänzung:
Beweglichkeit und Kraft für den Rumpf und Dehnungen für die Hüfte sind als Ergänzung sinnvoll.

Eislaufen und Inlineskaten
Wirkung:
Koordination, Kraft (Beine), Ausdauer
Diese Sportarten erfordern ein gutes Gleichgewicht und sind deshalb anspruchsvolle Ausdauerformen. Für den Rumpf ist eine gute Haltearbeit gefragt.
Ergänzung:
Als Voraussetzung ist Rumpfkraft nötig. Zum Ausgleich ist Beweglichkeit sinnvoll.

Ski alpin und Snowboard
Wirkung: Kraft und Schnelligkeit Beine, Koordination und Beweglichkeit Rumpf, (Gleichgewicht, Reaktion u. a.)
Diese Sportarten fördern die Abstimmung des ganzen Körpers, insbesondere von Rumpf und Beinen. Mit fortschreitender Technik wird die Belastung für die Wirbelsäule reduziert. Die Geschwindigkeit ist dem Können anzupassen.
Ergänzung:
Die saisonale Komprimierung erfordert eine mittelfristige Vorbereitung mit Beweglichkeit, Kraft, Koordination (Gleichgewicht) und Ausdauer.

Golf
Wirkung:
Koordination
Golf verbessert das Körpergefühl und die Konzentration durch präzise Bewegungen. Dadurch ist die Ablenkung sehr ausgeprägt und der Erholungswert hoch.
Ergänzung:
Der sehr spezifische Charakter des Sports erfordert ein paralleles Training von Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer für den ganzen Körper.

Skilanglauf
Wirkung:
Ausdauer, Gleichgewicht, Kraft Arme
Skilanglauf ist eine sehr harmonische saisonale Abwechslung. Mit etwas Technikbeherrschung wird der gesamte Körper trainiert. Der Erholungswert ist enorm.
Ergänzung:
Beweglichkeit und Kraft für den Rumpf sind parallel gut zur Ergänzung geeignet.

Reiten
Wirkung: Koordination, Kraft
Reiten fordert koordinative Abläufe im Rumpf und in den Beinen. Es schult sehr gut die Haltung. Die Zusammenarbeit mit dem Tier beinhaltet auch reflexartige Handlungen.
Ergänzung:
Als Grundlage sind Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer hilfreich.

Klettern oder Bouldern
Wirkung: Beweglichkeit, Koordination, Kraft
Klettern oder Bouldern bewegt den ganzen Körper bis in die Finger und Zehen. Die Belastung kann sehr hoch sein, ist aber immer kontrolliert. Stürze ins Seil oder auf die Matte kann man nur über langfristiges Training aufbauen.
Ergänzung:
Ein paralleles Ausdauertraining ist eine grundsätzliche Vervollständigung. Kraft und Beweglichkeit für den Rumpf oder Yoga sind sehr sinnvolle Ergänzungen.

Fußball, Basketball, Handball
Wirkung: Ausdauer, Schnelligkeit, Koordination
Diese Sportarten sind sehr dynamisch. Der Einfluss des Gegners und eventuell auch der Kontakt erhöhen das Belastungspotenzial. Hier ist eine gute Grundlagenfitness gefragt.
Ergänzung:
Die Voraussetzung ist ein begleitendes Training von Kraft und Beweglichkeit für den ganzen Körper.
  
 

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