Tipps vom "Ultramarathonmann"

Laufen in der Hitze: Was Sie wissen müssen

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Laufen im Sommer: Wie Sie Sie bei 30 Grad kühlen Kopf bewahren.

Ein Wiener lief beim härtesten Ultramarathon der Welt bei bis zu 50 Grad im Schatten 217 km lang durch die Wüste von Kalifornien. Was wir daraus lernen können.

Die Sonne glüht mit 50 Grad vom wolkenlosen Himmel. Der Asphalt flimmert. Die Straße verschwindet nach endlosen Kilometern am Horizont. Weiterlaufen! Trinken! Eiswasser-Dusche! Laufen! Doch irgendwann spielt auch der hitzefesteste Körper verrückt. „Plötzlich hat mein Kopf zu kochen begonnen“, schildert Christian Magadits sein erstes Tief während des Badwater 135, dem brutalsten Ultramarathon der Welt: 217 km (135 Meilen) durch das berühmt-berüchtigte Death Valley, den Hitzekessel Kaliforniens. Trotz penibler Vorbereitung hat unser Läufer plötzlich Probleme: „Die Lippen werden wie Löschpapier, im Mund fühlt es sich wie Schmirgelpapier an. Der Körper nimmt die Flüssigkeit nicht mehr auf.“ 1,2 Liter trinkt „Maggi“ pro Stunde, das Eiswasser, das er sich jeden Kilometer von den Betreuern über den Kopf schütten lässt, ist sofort verdunstet. Die Schuhsohlen schmelzen in der Hitze, Brandblasen verursachen höllische Schmerzen.

Ultramarathonmann Christian Magadits gibt Tipps

christian Magadits
© Artner


In den Köper hören

Doch Aufgeben ist keine Option. Nicht für Maggi: „Daran hab ich keine Sekunde gedacht.“ Der Marathonmann stellt auf Krisen-Modus. „Ich bin die letzten Kilometer gegangen.“ Auf dem Schlussanstieg auf Mount Whitney geht sowieso nichts anderes. Nach 32 Stunden, 31 Minuten und 44 Sekunden erreicht unser Magadits bei eisigen 10 Grad das Ziel auf 2.530 m Höhe. Als Gesamt-18. und zweitbester Europäer.
Was für eine Leistung! Dabei hat der OMV-Inspektor bis zu seinem 30. Geburtstag drei Packerl Zigaretten geraucht und 97 Kilo auf die Waage gebracht. Der Weckruf kam von der Betriebsärztin: „Wenn Sie so weiter tun, werden Sie mit 40 ernsthafte Probleme bekommen.“ Die kriegt er jetzt erst nach 200 Kilometern Nonstoplaufen. Ob er sich die Tortur noch einmal antun würde? „Warum nicht? Jetzt weiß ich ja, was ich noch besser machen kann.“ Seine besten Tipps verrät er in gesund&fit. Damit auch Sie bei vergleichsweise angenehmen 30 Grad kühlen Kopf bewahren.
»So laufen Sie durch die heißen Sommertage«
Die Vorbereitung:
Magadits: „Ich habe mich mit konsequentem Training auf die Hitze eingestellt (siehe nächste Seite). Laufen Sie vor allem bei hohen Temperaturen nur im moderaten Tempo. Achten Sie auf Ihren Puls und auf die Signale, die Ihnen der Körper gibt. Legen Sie Gehpausen ein. Wenn Sie einen Begleiter haben (idealerweise am Rad), ersparen Sie sich, selbst Getränke mitzunehmen. Mich hat Eiswasser gerettet, das mir meine Helfer kübelweise über den Kopf geleert haben.“

Die Ernährung:
„Das Um und Auf ist: Trinken, trinken, trinken! Wasser, teilweise mit Salz aufgepeppt, und Elektrolytgetränke. Während des ,Badwater 135‘ habe ich 1,2 Liter pro Stunde, also insgesamt 36 Liter, getrunken. Im Training reicht ein Trinkgurt bzw. können Sie Getränke im vor Ihrem Lauf an schattigen Stellen im Vorhinein verstecken. Sollten Sie vorhaben, länger in der Hitze zu laufen (oder sogar einen Wettkampf in der Hitze planen), sollten Sie in den Tagen auf Ihren Flüssigkeitshaushalt achten.“

Die Ausrüstung:
„Die Schuhe müssen gut eingelaufen sein. Ein Trick im Sommertraining ist es, den Sockenrand nass zu machen. Aber Vorsicht: Nasse Socken können Blasen verursachen. Wenn Sie im Urlaub in heißen Regionen vorhaben, Ihr Lauftraining durchzuziehen, nehmen Sie unbedingt ein zweites Paar Schuhe mit. Der Asphalt im Death Valley war so heiß, dass die Sohlen wegschmolzen. Brandblasen an den Füßen ließen die letzten Ultramarathon-Kilometer zur Hölle werden. Was ich auch erst seit diesem Abenteuer weiß: In der Hitze werden die Füße größer. Die Schuhe, mit denen ich ins Ziel gekommen bin, waren zwei Nummern größer als die, die ich am Start anhatte.
Helle Funktionskleidung ist ebenso ein Muss, ohne Kappe geht überhaupt nichts. Nacken und Schultern sollten abgedeckt werden, hier brennt die Sonne am meisten hin. Und die Sonnenbrille muss die Augen schützen und sitzen zugleich. Mit Sonnencreme muss vorsichtig umgegangen werden. Zu viel verhindert, dass der Körper den Flüssigkeitshaushalt natürlich reguliert.“

Die Laufstrecke:
„Die können Sie sich im Rennen nicht aussuchen. Im Training bevorzuge auch ich schattige Waldstrecken. An heißen Tagen ist es ratsam, das Training in frühen Morgen- bzw. in die Abendstunden zu verlegen.“

Das Um und Auf
Diese Tricks haben dem topfitten Ultramarathonläufer Christian Magadits geholfen. Auch wenn Sie „nur“ daheim in der Hitze laufen: Lassen Sie sich medizinisch durchchecken!
 

 

 

❯❯ So werden Sie zum Ultramarathonläufer

Leistungsdiagnostik
Das Grundrezept klingt einfach: im Training viele Kilometer im moderaten Tempo laufen. Wer sich über den Halbmarathon an den Marathon (42,195 km) herantastet, kann an die ultimative Ausdauerlaufprüfung denken. Aber: Nicht jeder ist zum Ultra-Langstreckenläufer geeignet. Deswegen sollten Sie unbedingt einen leistungsdiagnostischen Test bei einem Sportmediziner absolvieren. Dabei wird Ihr optimaler Trainingsbereich (Pulszonen) ermittelt.

Konsequenz
Dann geht das Kilometerfressen los. Dabei gilt: Nicht übertreiben und langsam aufbauen! Magadits rät: „Steigern Sie das wöchentliche Pensum nicht um mehr als zehn Prozent und bauen Sie einmal pro Woche Tempospitzen ins Programm ein.“ Das Tempo dafür wird leistungsdiagnostisch ermittelt.


4-Wochen-Perioden
Magadits startet ein halbes Jahr vor dem Ultramarathon mit gezielter Vorbereitung. Er plant sein Training im 4-Wochen-Rhythmus: 3 Wochen wird der Umfang maximal 10 % gesteigert, danach folgt 1 Woche Regeneration (Kilometerpensum auf 50 % reduziert).

✏ Lange Läufe
Je länger der Ultramarathon, desto länger die sogenannten „Long Jogs“. Für einen „normalen“ Marathon (42,195 km) reicht es, im Training bis zu 30 km bzw. zweieinhalb Stunden zu laufen. Magadits stellt sich mit Läufen von bis zu 65 km auf die Ultramarathon-Distanz ein. Vor dem Badwater 135 zog er ein Pensum von rund 160 km pro Woche durch, im Monat vor dem Abflug kam er auf 630 km.

✏ Kraft  und Koordination

Nur Kilometerfressen reicht nicht. Als Ausgleichstraining sind neben Dehnübungen Kraft- und Koordinations-Einheiten („Lauf-ABC“) ratsam. Dadurch werden Muskel und Gelenke gestärkt. Zur Rumpfstabilisation arbeitet Magadits mit Medizin- und Gymnastikball, außerdem empfiehlt er Balanceboard-Übungen.

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