Biologicum Almtal

Evolution: Ernährung im Wandel der Zeit

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Fressen und gefressen werden bestimmte Evolution

Beim "3. Biologicum Almtal" in Grünau referieren Experten aus Biologie, Ernährungswissenschaft, Ethik, Philosophie und Mathematik und diskutieren mit den Teilnehmern über "Fressen und gefressen werden - von der Nahrungskonkurrenz zur Kooperation".

Wettrüsten zwischen Jäger und Gejagten

Ob es den Tag überlebt oder im Magen eines Fleischfressers endet, ob die Jagd erfolgreich ist oder Hunger droht - für jedes Tier dreht sich das Leben vor allem um Fressen oder gefressen werden. Ein Wettrüsten zwischen Jäger und Gejagten hat daher die Evolution geprägt, erklärte der Verhaltensbiologe Kurt Kotrschal anlässlich des "Biologicum Almtal", das sich vom 6. bis 9. Oktober dem Thema widmet.

"Einerseits versuchten die Organismen immer schon, andere zu erwischen und sich einzuverleiben, weil das energetisch sehr nutzbringend ist, andererseits wollen sie solch ein Schicksal natürlich vermeiden", sagte Kotrschal, der die Konrad Lorenz Forschungsstelle der Universität Wien in Grünau im Almtal (OÖ) leitet und auch wissenschaftlicher Leiter des "Biologicum" ist.

Wettrüsten zwischen Räubern und Beutetieren

Im moderatem Maß konsumieren einander sogar Einzeller, noch mehr ums Fressen ging es in der Geschichte der Lebewesen wohl bei den ersten Mehrzellern und später den Wirbeltieren. Die ersten davon filtrierten kleine Organismen aus dem Wasser, und vor etwa 500 Millionen Jahren entstanden aus den Kiemenbögen die ersten Kiefer, so der Forscher. Spätestens dann habe das große Fressen und ein massives Wettrüsten zwischen Räubern und Beutetieren begonnen.

Gemeinsam stark

Dadurch wurden beide nicht nur immer schneller, geschickter und schlauer, sie entwickelten auch soziale Strategien. Zum Beispiel Heringe oder Stare bewegen sich in hochsynchronisierten Schwärmen und machen es den Beutegreifern damit schwer, ein Tier zu erwischen. "Das Risiko, ums Leben zu kommen, teilt sich in einem Schwarm außerdem durch die Zahl der Individuen", sagte Kotrschal im Gespräch mit der APA.

Für das Gruppenleben mussten die Motivations-, Sinnes- und Bewegungssysteme angepasst werden, damit die Tiere zusammenbleiben, erklärte er. Das funktioniert zum Beispiel über neuronale Mechanismen, indem ein Tier Angst bekommt, wenn es alleine ist, und sich wohlfühlt, wenn es in der Gruppe weilt.

Die Jäger entdeckten wiederum den gemeinsamen Beutefang. Dafür mussten sie gegenseitige Nähe tolerieren und Zusammenhalt statt Konkurrenz pflegen. Das wurde etwa durch gemeinsames Verzehren der Beute verstärkt, so Kotrschal. Nicht nur bei Menschen, sondern etwa auch bei Wölfen, sei das rituelle Mahl äußerst verbindend.

Ernährung als Religionsersatz?

Die menschlichen Gesellschaften würden aktuell bezüglich der Nahrungsaufnahme immer inhomogener, meint er. Zum Beispiel sei es sozial äußerst relevant, ob jemand Veganer, Vegetarier oder Fleischesser ist, und die Meinungen, was gesundes Essen ist, gingen teilweise extrem auseinander. "Während zwei Drittel der Menschheit immer noch damit beschäftigt sind, ihre Ernährungs-Grundbedürfnisse zu erfüllen, hat ein Drittel keine andere Sorgen, als aus Ernährungsfragen eine Religion zu machen", so der Verhaltensforscher.

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