Nahrungskarenz

Der große Fastenguide

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Fit für die Fastenzeit.

Die zeitweise Nahrungskarenz, das bestätigen neueste Studien, ist die bewährteste Abnehm- und Heilmethode der Menschheitsgeschichte. Wie das Konzept wirkt, welche Arten es gibt und welcher „Diät-Plan“ am besten zu Ihnen passt.

Die Weltbevölkerung wird stetig dicker und ungesünder. Zwei Milliarden Menschen gelten als übergewichtig. Bis zum Jahr 2025 soll die Zahl um knapp eine Milliarde ansteigen. Da Adipositas eine Vielzahl an Volkskrankheiten, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes Typ II, begünstigt, wird auch die Zahl Erkrankter weltweit zunehmen. Die Hauptursache sieht die Wissenschaft neben einem Bewegungsmangel vor allem in dem Überangebot an (industriell verarbeiteter) Nahrung. Der natürliche Essrhythmus des Menschen – und das wiegt noch schwerer als das Kalorienüberangebot –, der seit Beginn an von zeitweisen Nahrungskarenzen geprägt ist, wurde unterbrochen. Seit den 70er-Jahren stieg der Anzahl der täglichen Mahlzeiten in den Industrieländern von drei auf sechs. Bei vielen Menschen kommt der Stoffwechsel täglich nicht mehr als sechs Stunden zur Ruhe – mit schwerwiegenden Folgen für Figur und Gesundheit. Die Gegen­strategien liegen auf der Hand.

Fakten über das Fasten 1/3

Der Begriff

Als Fasten wird die völlige oder ­teilweise Enthaltung von Speisen, Getränken und Genussmitteln über einen bestimmten Zeitraum hinweg ­bezeichnet. Das Wort kommt vom althochdt. fasten, das ursprünglich bedeutet „(an den Geboten der Enthaltsamkeit) festhalten“. Der Ausdruck wird bei religiösem als auch nicht religiösem oder Heilfasten verwendet. Die eng­lische Bezeichnung „breakfast“ für Frühstück hat den gleichen Ursprung, da mit der ersten Mahlzeit des Tages die „Fastenzeit“ während der Nacht­ruhe gebrochen wird.

 

Wie Fasten wirkt

Um das zu erklären, setzt US-Ernährungs- und Diabetes-Spezialist Dr. Jason Fung, Autor des neuen Bestsellers „Fasten. Das große Handbuch“ bei der Nahrungsaufnahme an: „Nehmen wir Nahrung zu uns, steigt der Blutzuckerspiegel. Als Reaktion darauf erhöht sich auch der Insulinspiegel. Das Hormon Insulin, das von der Bauchspeicheldrüse ausgeschüttet wird, hat zwei Funktionen: Es befördert  Glukose (Anm.: ein Monosaccharid/ Zucker – gehört zu den Kohlenhydraten) in die Zellen, die daraus ihre Energie ziehen. Zweitens sorgt Insulin dafür, dass überschüssige Energie gespeichert wird. Zuerst werden Glykosemoleküle zu langen Ketten verknüpft, Glykogen genannt, und in der Leber als Energiereserve gespeichert. Ist dieser Speicher voll, wird  Glukose in Fett umgewandelt – wir lagern Fett ein!“ Ist der Körper einen Großteil des Tages in diesem sogenannten Speichermodus oder auch Sattzustand (geprägt von einem hohen Insulinspiegel), nehmen wir stetig zu. Der Schlüssel, unser Gewicht zu halten respektive Fett abzubauen liegt ergo darin, den Vorgang der Nutzung und Speicherung von Nahrungsenergie in Balance zu halten respektive umzukehren. Dies wird Fasten genannt. Nach sechs Stunden Esspause beginnen Blutzucker- und Insulinspiegel zu fallen. Zur Energieversorgung wird in der Leber Glykogen abgebaut und Glukose freigesetzt. Die Glykogenspeicher reichen für 24 bis 36 Stunden. „Sind diese erschöpft, schaltet der Körper im Wesentlichen“, so der Experte, „von Zucker- auf Fettverbrennung um.“ Fett schmilzt und noch vieles mehr wird „entsorgt“. Das entdeckte der japanische Forscher Yoshi­nori Osumi 2016 mit der Autophagie („sich selbst verzehren“). Nach 14 bis 16 Stunden Pause setzt ein Selbstverdauungsprogramm ein, das die Zellen entgiftet und repariert. Karenzen senken so das Risiko für viele Krebsarten, halten jung, regenerieren die Leber und stabilisieren den Zuckerstoffwechsel (beugt Typ-2-­Diabetes vor). Zellen werden sensibler für Insulin, was langfristig das ungesunde viszerale Bauchfett reduziert.


Durch das Senken des Insulinspiegels  verliert der Körper zudem Salz und Wasser (Insulin führt zu einer Rückhaltung). Durch diese Diurese (Harnausscheidung durch die Nieren) ist der Bauch weniger aufgebläht, man fühlt sich leichter und sieht, was sehr motivierend wirkt, rasche Erfolge. Über zwei Kilo (beim absoluten Fasten werden pro Tag 285 Gramm Fett verbrannt) kann man also je nach Ausgangsgewicht und Allgemeinzustand pro Woche mit dem Fasten verlieren.


Wer darf wie lange?

Fasten – und genau das macht es zur besten „Diät“ der Welt – kennt keine Standarddauer. Ab etwa 14 Stunden setzt das Selbstreinigungsprogramm ein und die Glykogenspeicher leeren sich nach und nach. Das ist der erste Schritt in Richtung Gesunderhaltung. Je weiter wir die Karenz ausdehnen, desto positiver die Effekte. Dabei garantiert die sogenannte Proteinerhaltungsphase (setzt nach circa fünf Tagen Fasten ein) übrigens, dass die Muskelmasse (durch eine Erhöhung der Wachstumshormone im Blut) erhalten bleibt. Ein erhöhter Noradrenalinspiegel blockiert zudem ein Absinken der Stoffwechselrate – das verhindert den Jo-Jo-Effekt nach einer längeren Fastenperiode.
Fazit: je nach Ziel (Gewicht halten oder verlieren) und Lifestyle kann ein vollkommen Gesunder sich  guten Gewissens das Fastenmodell seiner Wahl aussuchen. Generell gilt:  Ein Gesundheits-Check sowie Rücksprache mit dem Mediziner sind vor jeder Ernährungsumstellung ratsam. Bestehen gesundheitliche Probleme, wie z. B. Diabetes, ist in jedem Fall ein Vorgespräch mit dem Arzt des Vertrauens angezeigt.
 

Fasten-Methoden im Überblick

Das bewährte Einsteigerkonzept respektive eine gute Methode, langfristig sein Gewicht zu halten, ist die 16:8-Methode, die später auf 20:4 ausgedehnt werden kann. Acht Stunden darf normal – im Sinne von ausgewogen und dem Grundumsatz angepasst – gegessen werden. 16 Stunden wird mit dem Essen pausiert. Diese Art des Kurzzeitfastens ist besonders alltagstauglich (lässt man das Frühstück aus, kann z. B. abends normal gegessen werden) und hat den Vorteil, dass man den Großteil der Fastenperiode verschläft.


Wird ein stetiger Gewichtsverlust angestrebt, empfiehlt der Experte längere Fastenperioden in einem bestimmten Rhythmus einzuhalten.  
Für den schonenden Einstieg hat sich die 5:2-Methode bewährt. An fünf Tagen der Woche  wird normal gegessen, an zwei Fastentagen stehen maximal 500 (für Frauen) und 600 Kilokalorien (für Männer)  am Speiseplan. Ähnliche funktioniert das alternierende 1:1-Konzept. An jedem zweiten Tag wird die Kalorienzufuhr auf maximal 500/600 kcal gedrosselt (Anm.: Rezepte für einen solchen Fastentag finden Sie li.). Empfehlung vom Experten: diesen Rhythmus beibehalten, bis das Wunschgewicht erreicht ist, danach Fastentage reduzieren – z. B. auf 5:2.

Eine weitere, noch etwas fortgeschrittenere Möglichkeit, ist das vollständige Fasten (mit ausschließlich Tee und Wasser) am Stück: für 24, 36 oder sogar 42 Stunden – am besten dreimal pro Woche. Zur Unterstützung für den Einstieg gibt es für diese drei Varianten Fastenpläne inklusive Tipps für ausgewogene Mahlzeiten zwischen den Fastenperioden.

Fasten
© oe24

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Tipps für den Einstieg

„Machen Sie sich bewusst“, so Buchautor Jason Fung, „dass Fasten einst normaler Bestandteil des Alltags war – und auch wieder sein kann. Im Englischen, das zeugt davon, spricht man heute noch vom Frühstück als morgendliches Fastenbrechen, dem ‚breakfast‘.“

Das Wissen um Mechanismen nimmt die Scheu vorm Fasten, speziell vor dem Hunger. „Mit Hungern hat Fasten nämlich sowieso nichts zu tun!“, so der Experte. Denn die Nahrungspause unterscheidet sich von Hunger durch einen ganz wesentlichen Punkt: Kontrolle! Wir müssen nicht, wir dürfen. Und bestimmen so selbst über unsere Gesundheit, unser Gewicht und die Art, wie wir leben wollen. Ein gutes Gefühl!

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