Antibiotikaresistenz

So gefährlich sind die Super-Keime

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Wenn Antibiotika wirkungslos werden

Super-Keime“, die nicht umzubringen sind? In den USA wurden Bakterien entdeckt, die gegen das Reserve-Antibiotikum Colistin immun sind und diese Resistenz auch übertragen. Nun ist die Auf­regung groß. Besteht wirklich Grund zur Sorge?

Resistente Erreger

Escherichia coli, ein meist harmloses Darmbakterium, das Infektionen wie Harnwegsinfektionen hervorrufen kann, sorgte vor Kurzem in den USA für Schlagzeilen. Forscher entdeckten erstmals bei einer Patientin E. coli-Bakterien, die über das sogenannte mcr-1-Gen verfügen, dadurch unempfindlich gegen das Antibiotikum Colistin  sind und diese Resistenz auch auf andere Bakterien übertragen. Colistin ist ein altes Reserve-Antibiotikum, auf das Ärzte zurückgreifen, wenn Erreger gegen alle anderen Antibiotika resistent geworden sind. Die amerikanische Patientin wurde problemlos behandelt, die Möglichkeit einer übertragbaren Colistin-Resistenz gibt jedoch Anlass zur Sorge.

Sorgsamer Einsatz
Je öfter Antibiotika eingesetzt werden, desto häufiger finden sich Erreger, die gegen
diese Substanzen immun sind.


Entstehung von „Super-Keimen“

Antibiotika werden eingesetzt, um Bakterien zu töten oder das Wachstum zu hemmen, und zählen zu den weltweit am häufigsten verschriebenen Medikamenten. Manche wirken gegen ein breites Spektrum von Bakterien (Breitband-Antibiotika), andere nur gegen einige spezifische. Die Mikroorganismen verfügen jedoch über eine gute Anpassungsfähigkeit, die es ihnen ermöglicht, die Wirkung der Antibiotika abzuschwächen oder zu neutralisieren. Im Falle einer Infektion stehen dann diese Sub­stanzen nicht mehr zur Behandlung zur Verfügung. Entwickeln Bakterien Resistenzen gegenüber mehreren beziehungsweise allen gängigen Antibiotika, spricht man von multiresistenten beziehungsweise panresistenten Erregern. Zu ersteren zählt etwa der als „Krankenhaus-Keim“ bekannte MRSA-Keim (Methicilin-resistenter Staphylococcus aureus).  Der Acinetobacter-Keim, an dem Ende 2015 in einer Linzer Klinik ein Baby verstarb, war panresistent. Gegen Letzteren hilft nur noch das Antibiotikum Colistin.

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Grund zur Sorge?

Für die Zunahme mikrobieller Resistenzen gibt es mehrere Gründe. Einerseits der viel zu hohe Antibiotika-Einsatz in der Massentierhaltung – über die Nahrungsaufnahme gelangen dort entstandene resistente Keime in den menschlichen Organismus –, andererseits der sorglose Umgang in der Humanmedizin. „Je öfter Antibiotika bei Mensch oder Tier eingesetzt werden, desto häufiger finden sich Erreger, die gegen diese Substanzen unempfindlich sind“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Franz Allerberger von der Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit (AGES). Der Experte betont, wie wichtig es ist, Bewusstsein für das Problem sowohl in der tierischen Lebensmittelproduktion, bei Patienten, aber auch bei Ärzten zu schaffen. „Wir beginnen jetzt, den Antibiotikaverbrauch in den Spitälern zu dokumentieren. In Österreich nehmen aber erst neun von 144 Krankenhäusern und Sanatorien an diesem Projekt teil“, so Dr. Allerberger.  Noch besteht die Möglichkeit, auch resistente Keime zu bekämpfen. Dafür stehen jedoch immer weniger Antibiotika  zur Verfügung. Mittelfristig sind daher neue Medikamente gefragt.  Vor allem wenn sich die Colistin-Resistenz durch das  mcr-1-Gen auf andere Keime weiter überträgt. „Wenn ein panresistenter Keim, der auf alle anderen Antibiotika resistent ist, nun auch auf Colistin resistent würde, dann steht man mit dem Rücken zur Wand“, erklärt Dr. Allerberger die Sorge, die hier mitschwingt.

Resistenzen vermeiden

Seit 2005 wird im Ö. Antibiotikaresistenz-Bericht AURES die Situation der Antibiotika-Resistenz und der Verbrauch antimikrobieller Substanzen im Human-, Veterinär- und Lebensmittelbereich erfasst. Regelmäßige Untersuchungen bei Schlachttieren sollen zeigen, welche Antibiotikaresistenzen über Lebensmittel eventuell in Haushalte eingebracht werden. „In den letzten zehn Jahren haben wir zugeschaut, wie diese Resistenzen zunehmen“, so Dr. Allerberger. Während die Ärzte die Antibiotikaresistenzen noch nicht als echtes Problem empfinden, erklärt der Experte, werden diese von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sehr wohl als Problem gesehen. Bereits seit 2007 fordert die WHO, dass neue Antibiotika nur mehr für Menschen reserviert bleiben. Bisher war es möglich, von einer neuen Wirkstoffgruppe für die Humanmedizin sehr ähnliche Substanzen bei der Nutztierhaltung einzusetzen. „Ich gehe davon aus, dass es bald auf EU-Ebene gesetzlich geregelt wird, dass neue Wirkstoffgruppen für Menschen reserviert sind und es nicht mehr möglich ist, durch Hinzufügen einer kleinen chemischen Seitenkette eine neue Substanz für die tierische Lebensmittelproduktion zu entwickeln“, ist der Experte zuversichtlich.

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